LUXUSBIENEN

In den letzten Ja36 baur au lac terrassehrzehnten hatten Imker ein wenig das Image verschrobener Einzelgänger, die sich in seltsamen Gewändern und Pfeife paffend ihrem riskanten Hobby widmen. Dieses Bild hat sich radikal verändert, jedenfalls wenn man sich in ultraurbanen Kreisen umhört. Hier gehört die Bienenzucht zum exklusiven Lifestyle, genauso wie vegane Restaurants und Fastfood-Läden oder Strickkurse für Männer. Bienen scheinen zu einem Sinnbild des bedrohten ökologischen Gleichgewichts zu werden.

Honey made in Zurich
Das Hotel Baur au Lac wird vom GaultMillau als «Zürichs nobelste Adresse» bezeichnet: «Eine Oase der Ruhe und des Luxus. Riesiger Park mit Kunstausstellungen.» Im 1844 gegründeten Fünfsternehaus residierte sozusagen alles, was Rang und Namen hat, und die Business-Elite trifft sich auf der lauschigen, dem See zugewandten Terrasse im Grünen gerne zum Lunch. Und nun das: Das «Baur au Lac» ist unter die Imker gegangen!  36 Bienenhaus-Baur-au-Lac-Blumen-630x400 Am 22. April 2016 verkündet das Luxushotel in seinem Blog stolz: «Seit heute zählt das ‹Baur au Lac› vier Bienenvölker zu seinen neuen Bewohnern. Unsere Bienen heißen Apis mellifera carnica, eine sanftmütige Unterart der Westlichen Honigbiene. Jedes unserer Bienenvölker zählt zu Beginn rund 20 000 Bienen, eine Königin und 1000 männliche Bienen (Drohnen), wobei das Bienenvolk täglich wächst. Schon seit den Zeiten namhafter Adliger wie Kaiserin Sissi oder Kaiser Wilhelm II. logieren königliche Delegationen im ‹Baur au Lac›, nun wird diese Tradition fortgesetzt.» Die über 80 000 Bienen bewohnen ein würdiges Bienenhaus mitten im Park mit Blick auf den Zürichsee. 36 Bienen-Welcome-Home-zwei-630x400Sie sind jedoch nicht zur Erholung hier, sondern zum Arbeiten: «Ab diesem Sommer, nach der ersten Ernte, genießen die Gäste unseren ersten eigenen Honig im Frühstücksbüffet oder können ihn am Kiosk zum Mitnehmen erwerben. Stadthonig genießt den Ruf, weniger Pestizide und Fungizide zu enthalten, und auch die Vielfalt der Blüten in der Stadt, im Gegensatz zu vielen Monokulturen auf dem Land, gibt ihm einen variantenreichen, besonderen Geschmack. Als erstes Hotel in Zürich sind wir stolz darauf, unsere ersten Mitarbeiter in schwarz-gelben Uniformen zu begrüßen.» Weitere Berichte über dieses Abenteuer werden versprochen unter www.bauraulac.ch.

36 Stadtimker 2Vom «Baur au Lac» ist es nicht weit zur Bahnhofstraße 31, wo sich das 1760 gegründete Uhrengeschäft Beyer Chronometrie befindet. Edlen Zeitmesser sind die Passion von Patron René Beyer. Doch jetzt hat er eine neue Leidenschaft entdeckt: die Imkerei. Auf dem Dach des Gebäudes stehen zehn Bienenhäuschen mit je ungefähr 5000 Arbeiterinnen. Am 2. Juni herrscht beim Uhrenverkäufer Hochstimmung: «Unsere Beyer-Bienen waren sehr fleißig und haben viel Honig eingetragen. Der alte botanische Garten ist eine gute Bezugsquelle und verleiht dem Honig einen blumigen Geschmack. Wir durften über 100 kg Honig ernten. Dies ist eine große Menge, und wir sind sehr zufrieden mit unseren Bienen.» Die Ernte wird in hübsche Gläser abgefüllt und als Kundengeschenk in alle Welt verschickt: More Than Honey aus Zürichs Bankenviertel. www.beyer-ch.com

Pariser Honig-Chic
Frankreich hat momentan so viel um die Ohren – Streiks, Überschwemmungen und die Angst vor neuen Terroranschlägen während der Fußball-EM36 Imker Eifelturm –, dass das Thema Stadtimkerei eher deplaziert scheint. Trotzdem berichtet das Magazin L’Obs über die neue Honig-Passion, die Paris gepackt hat. Kein großes Hotel der Stadt an der Seine, das keinen eigenen Bienenstock pflegt. Das «Marriott Champs-Elysées» produziert seit vergangenem Jahr seinen eigenen Blütennektar und bietet Patenschaften für Bienenvölker an; auf dem Dach der Fünfsternehotels Scribe und Mandarin Oriental wird ebenfalls geimkert.36 miel factory eingang

Die erste Honigboutique, die Miel Factory an der Rue de Sévigné, in bester Lage im Stadtteil Marais beim Musée Carnavalet, gleicht einem goldenen Bienenstock und bietet laut Eigenwerbung 26 der exklusivsten Honigsorten aus aller Welt an.

Kennen Sie Alexandre Stern? Ich bis heute auch nicht. Der gepflegte junge Mann mit dem ernsten Blick ist jedoch der Star am französischen Gourmet-Himmel, ein Honig-Designer, der für die bekanntesten Küchenchefs und Hotels kreativ tätig ist, indem er die Produkte seiner Wahl wie Weine oder Parfüms «assembliert». Um die allerbeste Ware aufzustöbern, reist er rund um den Globus, bis nach Nepal, Thailand oder Neuseeland.

So ein Töpfchen kann dann leicht 30 Euro pro 100 Gramm kosten. Der «Önologe des Honigs» mit seiner eleganten Boutique im besten Pariser Einkaufsviertel scheint dennoch keine Absatzschwierigkeiten zu haben. Siehe unter www.alexandrestern.net.36 Alexandre Stern

Mehrere weitere Pariser Läden preisen Honig mit dem Wortschatz edler Weine an, führen Degustationskurse durch und stellen «thematische Koffer» zusammen, die den Kunden ins Haus geliefert werden. Mehr, viel mehr unter: www.unitedstatesofparis.com. Douce France, honigsüßes Paris…

PRO BIENEN – KONTRA MÜCKEN

35 OnexOnex ist eine Gemeinde des Kantons Genf mit heute knapp 19’000 Einwohnern. 1950 lebten hier bloß 958 Einwohner vorwiegend von der Landwirtschaft, woran das Gemeindewappen mit dem schönen Laubbaum erinnert. Anfang der 1960er Jahre wurde mit der gigantischen Großüberbauung «Cité Nouvelle» mit Tausenden von Sozialwohnungen begonnen. Sie war die zweite von mehreren Satellitenstädten, die die akute Wohnungsnot von Genf lindern sollte. Damit wurde eine neue, urbane Ära eingeläutet. Heute, ein halbes Jahrhundert später, hat Onex kürzlich beschlossen, Wildbienen auszusetzen und zu fördern. Angeregt hatte dieses pionierhafte Projekt Félix Laemmel, engagierter Umweltschützer und Mitglied des Gemeinderats. Es sei ein langfristiges Unternehmen, erklärte er der «Tribune de Genève», mit dem die Lebensqualität in Onex gesichert werden soll. Er hofft, dass die heimischen Wildbienen durch die Bestäubung einheimischer Wild- und Kulturpflanzen zur Bekämpfung der invasiven exotischen Pflanzen beitragen, die sich im städtischen Umfeld breitgemacht haben. Wann und wie damit konkret begonnen wird, ist noch nicht bekannt. Affaire à suivre…

GROSSVERTEILER ENGAGIEREN SICH
35 Wildbiene
Jeweils am Montag liegt das «Migros-Magazin» im Briefkasten. Im dazugehörigen «Vivai» konnte man erfahren, dass der Förderfonds Engagement Migros eine neue Onlineplattform geschaffen hat, bei der sich alles um Honig- und Wildbienen dreht: «Sie bietet konkrete Empfehlungen für Leute, die im Beruf oder in der Freizeit etwas zur Förderung der Bienen tun können.» Weitere Informationen unter www.bienenzukunft.ch. Dieses Engagement der Migros für die Biodiversität wurde übrigens mit dem Umweltpreis 2016 der Schweizerischen Umweltstiftung ausgezeichnet.

35 Salvador GaribayAm Dienstag trifft dann die «Coop-Zeitung» ein, in unserem Fall in Sion die französischsprachige Ausgabe. Und siehe da: Prominent auf den Seiten 10 und 11 werden die Bienen und ihre Abhängigkeit von der Biodiversität thematisiert. Dr. Salvador Garibay, Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL), Demeter-Imker und Coop-Berater, weist darauf hin, dass die Bienen in der Schweiz vor allem im Hochsommer Hunger leiden. Nachdem die Rapsfelder geerntet sind, bleiben oft nicht mehr viele Pollenlieferanten übrig. «Je weiter die Bienen fliegen müssen, um Pollen und Nektar zu finden, desto mehr Energie verbrauchen sie.» Dadurch würden sie geschwächt und sind krankheitsanfälliger. Er plädiert darum für mehr Wildblumenstreifen und Hecken am Rand von Feldern und Äckern sowie mehr Blütenpflanzen in den Wiesen. Das FiBL habe festgestellt, dass es in artenreichen «Bio»-Wiesen drei- bis viermal mehr Bienenarten und mengenmäßig siebenmal mehr Bienen gibt. Und Salvador Garibay übertreibt nicht, wenn er feststellt, dass wir ohne Bienen auf sehr viele Früchte und Gemüse verzichten müssten.

Soeben ist der «Bio Suisse Newsletter» elektronisch ins Haus geflattert: Unter dem Titel «Gemeinsam für Bienen- und Imkernachwuchs» weist er auf den «Tag der offenen Bienenhäuser» hin, der allerdings mehrmals stattfinden wird, bereits ab dem 4. und 5. Juni. Mehr dazu unter www.probienen.ch

«BIO-KRIEG GEGEN MÜCKEN»
35 Aedes vexans
Unter dieser (übersetzten) Schlagzeile berichtete der «Nouvelliste» vom 25. Mai über die Bekämpfung der Stechmücke Ades vexans im Naturschutzgebiet Pouta Fontana im Rhonetal zwischen Sierre und Sion. Da stutzt man automatisch. Unter dem Begriff «Bio» wird einem ja so vieles verkauft, es mutet jedoch eher seltsam an, dass in einem 29 Hektaren großen Feuchtgebiet mit zahlreichen Tümpeln und Teichen, viel Sumpf, Röhricht und Wald, 158 registrierten Vogel-, 4 Amphibien-, 12 Libellen- sowie verschiedenen Fisch- und Weichtier-Arten gegen Mücken vorgegangen wird. Ein Blick ins Internet drängte sich auf: Was ist an dieser Aedes vexans so schlimm, dass zur Bio-Keule gegriffen wird? Der Artikel gibt darauf keine Antwort.

35 Pouta FontanaDas Fauna-Portal von Wikiwallis hat sich mit dem Problem beschäftigt: «In der Umgebung von Pouta-Fontana wohnt man nicht sehr ruhig. In vierjähriger Feldarbeit hat Grégoire Raboud 17 Mückenarten im Reservat bestimmt und so die Unruhestifter entdeckt. Es sind Wandermücken, deren Name Aedes vexans auf den Humor der Wissenschafter und die ‹Begabung› dieser Zweiflügler hinweist: Mobilität und Lust auf Menschenfleisch.» Bekämpft werde sie – wie auch andernorts, zum Beispiel am Oberrhein – mit dem Bacillus thuringensis, der für andere Arten unschädlich sei, wenn man ihn zur richtigen Zeit am richtigen Ort einsetze.35 Pouta-fontana-Heron-cendré

Wir waren heute in der Gegend, zwischen dem Golfplatz Sierre und dem Reservat Pouta-Fontana. Mücken haben wir keine entdeckt, andere Insekten gab’s ebenfalls auffallend wenige. Für die Golfspieler ist das bestimmt angenehm. Wie steht’s jedoch um die Vögel, Fische, Frösche usw.? Im Artikel «Stechmücken» meldet Wikipedia immerhin leise Bedenken an: «Aus ökologischer Sicht gilt die flächendeckende Bekämpfung der Stechmücke, denn in den Gewässern sind Mückeneier und -larven ein wichtiges Glied in der Nahrungskette für Insekten, Spinnen, Vögel, Fische und andere Insektenfresser.»

 

MEHR BEZAHLEN FÜRS ESSEN!

 

34 Blumenwiese MontorgeVor unserer Haustür steht die Blumenwiese in der Hochblüte. Vor neun Jahren befand sich hier noch ein Weinberg, der aufgelassen wurde. Dann überließ man das unter Naturschutz stehende Land sich selbst. Pionierpflanzen siedelten sich an, die dem Bauern, der die Wiese vorschriftsgemäß zweimal pro Jahr mäht, keine Freude bereiteten – zu viele stachlige Disteln, die dem Vieh im Hals steckenbleiben! Sie verschwinden jedoch allmählich und machen gelbem Klappertopf und Färberwaid, blauem Wiesensalbei, rosa Esparsette und rotem Mohn Platz. Wunderschön. Aber leider trotz dem immensen Pollenangebot sozusagen ohne Besucher aus dem Insektenreich. Der junge Biologe, der den Montorge im Auftrag des Bundes beobachtet, meinte, es sei lediglich eine Frage der Zeit, bis sich die Insekten wieder einstellten. Sobald die Wiese wieder blühe, gebe es auch wieder Bienen, Hummeln und Schmetterlinge… Sein Wort in Gottes Ohr! Momentan können wir abends die Fenster auch bei Volllicht problemlos sperrangelweit offen lassen.34 Klappertopf

Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben
Vergangene Woche stand in Brüssel wieder einmal das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat auf dem Programm. Man wurde sich nicht einig, fand keine Mehrheit, nicht zuletzt, weil sich Deutschland der Stimme enthielt. Der SPIEGEL macht den Umweltschützern jedoch trotz des Jeins keine großen Hoffnungen: «Beim Streitfall Glyphosat werden die Gegner wohl kaum mehr als einen Pyrrhussieg erringen. Weil die Kommission selbst über die Genehmigung entscheiden darf, wenn sich die EU-Mitgliedsländer nicht einigen können, rechnen Experten damit, dass der Unkrautvernichter am Ende zugelassen wird, zumindest befristet.»

Gut möglich, dass die Deutschen sich vor einer eindeutigen Entscheidung drücken, weil sie diesen Mechanismus kennen. Schließlich will sich der deutsche Chemiekonzern Bayer für 62 Milliarden Dollar Monsanto unter den Nagel reißen, und der macht unter anderem mit Glyphosat («Roundup») sehr viel Geld. So viel, dass es dem amerikanischen Saatgut- und Herbizid-Riesen 500’000 Dollar wert war, um einen Expertenbericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in seinem Sinn und Geist zu beeinflussen. Und es klappte offensichtlich. Wer den Glyphosat-Film in Sat3 gesehen hat, wundert das nicht sonderlich. Erstaunlich ist nur, dass dieser ausgezeichnet recherchierte Film keine stärkere Wirkung zeigt.

Glyphosat-TellerWeniger Glyphosat ist nicht gratis
Erstaunlich auch, weil anscheinend 40% der Agrarflächen unseres nördlichen Nachbarn mit dem hochumstrittenen, aber effizienten und günstigen Pestizid behandelt werden (in der Schweiz wird es nicht viel weniger sein). Der SPIEGEL spricht in diesem Zusammenhang ein Thema an, das häufig vergessengeht: Auf Konsumentenseite müsste man ebenfalls bereit sein, die Konsequenzen des Glyphosatverbots zu tragen, indem man mehr für die Lebensmittel bezahlt. Der Verfasser des Artikels, Philip Bethge, bringt es auf den Punkt: «Ein schneller Klick bei Kampagnenportalen gegen Glyphosat mag ein gutes Gefühl geben. doch das ist zuwenig. Konsequent wäre es, dann im Supermarkt nur noch zu Biofleisch, Biomilch- und Biogetreideprodukten zu greifen, die glyphosatfrei erzeugt werden. Wer gesund leben will, muss Lebensmittel vor allem mehr wertschätzen.» Man kann nicht beides haben, den Föifer onds Weggli, das Kilo Rindshack für € 1,90, wie es in Deutschland möglich ist, und eine heile Bauernwelt.

Isabelle QuartenoudDies gilt, obwohl immer wieder geklagt wird, in der Schweiz bezahlten wir zuviel fürs Fleisch und andere Lebensmittel. Nicht selten sind es anständig Verdiendende des linken Spektrums wie der Walliser Hotelier, ex-SP-Präsident und Kolumnenschreiber Peter Bodenmann, die lamentieren, unsere Nachbarn würden mindestens ebenso nachhaltig und gesund produzieren, jedoch wesentlich weniger verlangen als die hochsubventionierten Schweizer Landwirte. HühnerbungalowIm Glyphosat-Film des 3Sat hat man Einblick in deutsche Landwirtschaftsbetriebe, die nach EU-Kriterien als tier- und umweltfreundlich gelten. Es sind andere Dimensionen als in der kleinen, hügeligen und gebirgigen Schweiz. Mir ist ein Hof wie jener im Kanton Freiburg lieber, der im «Migros-Magazin» (Ausgabe Wallis, 23.5.2016) vorgestellt wurde. In Treyvaux züchten Isabelle und Yves Quartenoud neben Weide-Beef pro Jahr 10’000 Hühner nach strikten Bio-Regeln. Die Hühner laufen tagsüber frei in der grünen Wiese herum, weshalb sie statt nach 37 in der Stallhaltung erst in 80 Tagen schlachtreif sind. Das «glückliche» Poulet kostet selbstverständlich etwas mehr, schmeckt jedoch besser und ist gesünder. Und das Gewissen wird weniger geplagt. Das ist doch auch etwas wert, oder nicht?

 

 

 

 

MEHR NATUR IM WALLISER REBBERG

a2666d_b7d17331caea4cc8b2d35043a4ab5501Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Walliser Rhonetal ein einziger Obst- und Gemüsegarten. Inzwischen wurden etliche Hektaren Landwirtschaftsland verbaut. Dennoch werden noch immer Aprikosen, Birnen, Äpfel, Erdbeeren, Spargeln und andere Gemüsesorten im großen Stil angebaut. Nicht zu vergessen die Reben, die in der Rhoneebene und vor allem an den steilen, gegen Süden ausgerichteten Hängen stocken, wie etwa am Mont d’Orge bei Sion, wo die Smaragdeidechse an schroffen Felswänden zwischen Feigenkakteen einen relatif geschützten Lebensraum findet.

Divico: eine intelligente Lösung
5400 Hektaren Land sind im Kanton Wallis mit Reben bepflanzt. Daraus werden pro Jahr rund 500 000 Hektoliter Wein produziert, das sind 40% der Schweizer Produktion. Und es gibt 22 000 Reblandbesitzer, die direkt oder indirekt zur reichen Palette von Walliser Weiß- und Rotweinen beitragen. Neben den bestbekannten drei Rebsorten Fendant (in der restlichen Schweiz als Chasselas oder Gutedel bekannt) sowie Pinot noir (Blauburgunder) und Gamay (für den Dôle) kultivierte man in den letzten Jahrzehnten wieder vermehrt alte einheimische Reben wie Cornalin, Petite Arvine, Humagne rouge und blanche, Heida, Gwäß, Himbertscha u.a.m., aber auch internationale Sorten wie die Syrah und Neukreationen wie Diolinoir, Garanoir und Gamaret für sortenreine Spezialitäten oder Assemblageweine. Die Vielfalt der im Wallis vinifizierten Rebsorten ist einzigartig, und es kommen immer wieder neue hinzu. Divico heißt das jüngste Kind von Agroscope Changins, das anlässlich der Caves ouvertes, der Tage der offenen Weinkeller, am 5., 6. und 7. Mai 2016 vorgestellt wurde.csm_traube-blau-agroscope-800_b4c9f4c620

Die Neuzüchtung scheint ein ökologischer Tausendsassa zu sein: Divico ist gegen Echten und Falschen Mehltau sowie Graufäule resistent und soll außerdem auch noch sehr gesund sein! Die Kreuzung von Gamaret und der deutschen Sorte Bronner (mit wilden Vorfahren aus Amerika und Asien) produziert Substanzen, die für den Mehltau toxisch sind, jedoch Antioxidantien enthalten, die in den Wein und somit früher oder später in den menschlichen Körper gelangen. Agroscope verspricht den Winzern zudem einen potentiellen Publikumsliebling: «Bei hohem Reifegrad verfügt Divico über die nötigen Eigenschaften, um außerordentlich farbreiche Weine mit qualitativ hochstehenden Tanninen zu ergeben. Überdies verfügt diese Züchtung über einen interessanten Geschmackscharakter, der ihr eine verheißungsvolle Zukunft als Sortenwein oder in Assemblagen eröffnet.»

asset-version-5770806283-data_art_2209586Mit unseren Deutschschweizer Freunden, die für Walliser Weine schwärmen, konnten wir den im Herbst 2015 eingekellerten und im Barrique ausgebauten Divico bei der Cave Le Bosset in Leytron degustieren; in den Verkauf gelangt er frühestens im Herbst 2016. Die Tannine waren für mein Empfinden noch sehr präsent, man kann sich jedoch vorstellen, dass dieser charaktervolle Wein eine gute Zukunft hat, wenn er seine kratzbürstige Jugend hinter sich hat. Der Verantwortliche des Weinguts, Christian Blaser, war an der Entwicklung dieser ökologischen Supersorte in Changins beteiligt. Da sie im Vergleich zu anderen Rebsorten sehr wenig gespritzt werden muss, eignet sie sich seiner Meinung nach vor allem für Parzellen, die an Gewässer oder Siedlungen grenzen. Gewässerschutz wird im Weinbau immer wichtiger! Und dass der Divico den Winzern weniger Arbeit macht und dadurch die Produktionskosten niedrig hält, spricht ebenfalls für ihn. In der ganzen Schweiz werden heute 2,2 Hektaren Divico angebaut, ein Viertel davon (5600 m2) im Wallis. Für den Helden der Helvetier gibt’s noch viel Land zu erobern…

11080599_828001230605747_5554740137410431079_oWinzer auf Ökokurs
Mag sein, dass es im Wallis bis vor einigen Jahren noch relativ wenige Biobauern gab. Doch es macht den Anschein, als ob sich auch in dieser Beziehung etwas ändert. Die berühmte Marie-Thérèse Chappaz, die seit rund 35 Jahren in Fully biodynamischen Weinbau betreibt, gehört zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Seit 1995 hat sich auch die Kellerei Dubuis & Rudaz in Sion der Biodynamik verschrieben und bearbeitet heute 17 Hektaren nach der Rudolf-Steiner-Methode. Ein anderes Beispiel sind die «Pfyfoltru»-Weine aus der Gegend von Varen. Das Label mit dem Schmetterling weist auf umweltschonenden Anbau mehrerer Winzer in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Pfynwald hin, weil es in diesem Gebiet besonders viele und auch einige seltene Falter geben soll. Diese Weinbauern und einige andere mehr bilden den Humus, auf dem eine junge Generation nachwächst, die beides will: Guten Wein produzieren und die Gesundheit des Terroirs erhalten. Oder wiederherstellen. Ein Beispiel ist die 28jährige Önologin Sandrine Caloz, die den Betrieb ihrer Eltern in Miège sanft, aber bestimmt in die ökologische Richtung steuert. Nun weiden Schafe zwischen den Reben, auf deren Terroir einheimische Flora sprießt.

 

 

 

 

BESTÄUBER IM STREIK?

SaillonLetzte Woche war das Wetter endlich so, wie man sich den Frühling bei uns vorstellt: milde Temperaturen über 20 Grad und blauer Himmel. Zeit, um mit Freunden aus dem Waadtland den lange versprochenen Ausflug zu machen. Die Steppjacken konnte man getrost zu Hause und den Tisch im Restaurant Poste im mittelalterlichen Saillon draußen reservieren lassen. Nach dem Spaziergang zum kuriosen Farinet-Weinberg, zur Burgruine und zur Kirche mit ihrem gepflegten Kräutergarten und dem Mittagessen ging’s ins Dörfchen Charrat, das für seine Adonisröschen berühmt ist, die in der Schweiz nur im Unterwallis vorkommen.

Viele Zweibeiner…
… aber erstaunlich wenige Zweiflügler sind auf den Hügeln über Charrat unterwegs. Die Adonisröschen bilden in der kargen Trockensteppe goldgelbe Polster, die allseits bewundert und fotografiert werden. Manche Blumenfreunde reisen dafür jedes Jahr von weither an, und wenn es das Wetter erlaubt, findet im April jeweils ein Adonis-Fest statt (dieses Jahr fiel es buchstäblich ins Wasser, da es sozusagen jedes Wochenende regnete). Aber wie gesagt, Bienen entdeckten wir in diesem Blumenparadies keine, auch keine Hummeln oder Schmetterlinge, obschon es mindestens 22 Grad und windstill war. Ist das normal?Adonis 1

Schopf 2Am Tag zuvor hatten wir die übliche Montorge-Umrundung etwas ausgedehnt und stiegen zur Burgruine hinauf. Die Aussicht ins Rhonetal und in die verschneiten Berge war traumhaft. Das fanden auch die beiden älteren Damen (noch etwas älter als wir…), die ebenfalls zur Madonna gewandert waren. Unterhalb der Statue blüht ein dichter Pulk von Schopfigen Bisamhyazinthen (in Italien gelten die Lampascioni genannten Zwiebeln dieser blauen Weinbergblume übrigens als Delikatesse). An der steilen Südflanke des Montorge ist sie häufig, so schön wie hier auf dem Gipfel habe ich sie allerdings noch nie gesehen. Und das Größte: Sie wurden von zahlreichen Schmetterlingen in allen Farben umtanzt! Das begeisterte uns so sehr, dass das Fotografieren vergessen wurde. Auch die Bernerinnen waren entzückt: So viele Falter auf einmal hätten sie schon lange nicht mehr gesehen. Vollbrachte die Madonna das Wunder? Denn sonst bleibt es in den Bäumen und Sträuchern, die voll in Blüte stehen, erschreckend still, kaum ein Brummen und Summen ist zu hören.

BienenEin Anwalt der Bienen
Professor Dr. Peter Neumann, 1967 geboren, hat sich beruflich einem Nutztier verschrieben, das immer mehr Bedeutung gewinnt. Der Deutsche leitet das 2013 gegründete Institut für Bienengesundheit an der Uni Bern und ist Präsident eines internationalen Netzwerks von 600 Forschern in 80 Ländern, die sich um die Zukunft der Honig- und Wildbienen sorgen. In einer 3sat-Sendung vom 22. Februar 2016 lässt er keine Zweifel daran, dass Neonicotinoide Honigbienen und anderen wildlebenden Insekten wie Motten und Schmetterlinge grundsätzlich schaden. Er stützt sich dabei auf eine umfassende Studie, die der EU-Kommission als Grundlage zur künftigen Regelung dienen soll.

Für Bayer und Syngenta, die beiden wichtigsten Produzenten dieser Pflanzenschutzmittel, ist dieses Ergebnis ein Tiefschlag, den sie nicht so einfach hinnehmen. Reaktionen vermeintlich unabhängiger Experten im Bereich Landwirtschaft , Biologie, Umwelt usw., zum Beispiel in der neuen Ausgabe von «Science & pseudo-sciences» Nr. 316, zeigen, dass oft mit verdeckten Karten gespielt wird. Die Wissenschaftlichkeit dient nicht selten als Vorwand, um die Auswirkungen der Pestizide zu verharmlosen und die Gegenseite als fanatische Ideologen zu verunglimpfen. Peter Neumann: «Es gibt einen Kleinkrieg mit der Industrie, die den schädlichen Einfluss einzelner Stoffe gerne geringer veranschlagen würde.» Rasches Handeln sei jedoch angesagt, weshalb er jahrelanges Forschen und Diskutieren über die Folgen der einzelnen Substanzen ablehnt. NeumannEr bleibt jedoch pragmatisch: «Extremforderungen führen zu nichts. Man muss den Ertrag, den man auf einer landwirtschaftlichen Fläche erzielen will, in ein Verhältnis setzen zum Schaden, den man nützlichen Insekten zufügt.» Beim Raps könne man wahrscheinlich nicht auf den Einsatz von Pestiziden verzichten, beim Mais jedoch schon. Die chemische Keule sollte seiner Meinung nach zum letzten Mittel werden.

30 Jahre nach Tschernobyl

WolfHeute, am 26. April 2016, ist es genau drei Jahrzehnte her, seit der Reaktor in der Ukraine explodierte. Das Kerngebiet ist nach wie vor verseucht, was sich auch auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirkt. In der Gegend um Tschernobyl ging nicht nur die Vielfalt der Vögel zurück, sie haben auch kleinere Gehirne als solche, die in nicht verstrahlten Gebieten leben. Und es gibt hier auch heute noch deutlich weniger Spinnen und Insekten wie Bienen, Schmetterlinge, Heuschrecken und Libellen als in anderen vergleichbaren Gegenden. Dafür seien die Großen Vier – Wolf, Bär, Luchs und Hirsch – auf dem Vormarsch. Über ihren Gesundheitszustand ist allerdings noch keine Studie gemacht worden.

Quellen: Interview mit Peter Neumann im «Bund» vom 17.10.2015 (auch im Interet) und Bericht über Neonicotinoide unter www.3sat.de

 

MILCH IM WEINBERG

Im vorletzten Beitrag, «Ostern im Zeichen des Protests», war vom Verbot der Neonicotinoide in Frankreich die Rede. Das Parlament hatte, wenn auch knapp, am 18. März dieses Jahres entschieden, dieses umstrittene Pestizid im Hexagon zu verbieten. Zuerst hieß es, die Frist laufe bis 2017, kurz danach wurde sie bis 2018 verlängert. Die Reaktion der Landwirtschaft war erwartungsgemäß ablehnend, und ich lag richtig mit der Vermutung, dass diese Entscheidung noch viel Diskussionsstoff liefern werde.

Ein rascher Rückzieher1 Glyphosat-Demo
Es ging schneller, als ich dachte. Der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll setzte alle Hebel in Bewegung, um das «brutale Verbot» zu verhindern oder zumindest abzuschwächen. Der 56jährige Sozialdemokrat und Regierungssprecher hat genügend Einfluss, auch in grünen Kreisen, um seinem Engagement für die Bauern Gehör zu verschaffen. Neonicotinoide dürfen nun ausnahmsweise eingesetzt werden, falls «Gefahr für die Kulturen» bestehen. Ein dehnbarer Begriff, mit dem der Landwirtschaft mehr oder weniger freie Hand gelassen wird. Inzwischen hoffe der Minister auf die Erneuerung des europäischen Moratoriums, das sich vermutlich ebenfalls für die Sache des Agrobusiness entscheiden wird.

Diese Verwässerung geht der umbequemen Delphine Batho (ebenfalls SP) gegen den Strich. Die ehemalige, 2013 geschasste Umweltministerin fordert die Bevölkerung auf, weiter gegen den Einsatz von Pestiziden zu kämpfen. Das Schicksal der Bienen und der Menschheit sei miteinander verbunden, sagt sie, und stellt sich damit gegen den deutschen Chemieriesen Bayer, der Frankreichs Landwirtschaft den Niedergang prophezeit, falls sie auf seine Produkte verzichte. Fortsetzung folgt… Quelle: «L’Obs» Nr. 2681 vom 24. März 2016.

Trotz Migration, Merkel-Erdogan-Geplänkel, Panama usw. ist Glyphosat für die Presse immer wieder ein Thema. Zum Beispiel im «Spiegel», der das forsche Vorgehen der EU-Kommission anprangert, die bereits im Juni über die Neuzulassung des Herbizids entscheiden will: «Dabei ist eine wichtige Untersuchung dazu bis dahin noch gar nicht abgeschlossen. Die Europäisch2 Arzte Chemikalienagentur (ECHA) untersucht im Auftrag der Bundesregierung, ob das Pestizid Krebs erregt. Doch Berlin und die EU-Kommission wollen die Ergebnisse nicht abwarten. … Sollte die ECHA Bedenken äussern, könne die Kommission immer noch ‹angemessene Schritte› einleiten.» Ob sich die Grünen mit ihrem Protest dagegen durchsetzen?

Jetzt haben auch die Schweizer entdeckt, dass nicht nur im deutschen Bier Glyphosat schwimmt. Wen wundert’s? Wie beim Gerstensaft unserer Nachbarn sei dies jedoch unbedenklich, da man ungefähr tausend Liter trinken müsse, bis die Dosis genügend gross sei, um krank zu machen. Laut einer Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz sollen die Deutschen übrigens in Sachen Glyphosat-Belastung den zweiten Platz besetzen, gleich nach Malta: «Alle untersuchten Personen leben in Städten, und niemand hat selber glyphosathaltige Produkte eingesetzt.» Liegt’s am Bier und an den Bretzen? Der konventionelle Weinbau setzt übrigens ebenfalls Glyphosat als Herbizid ein, und dies in nicht geringen Mengen…

4 MehltauWer hat’s erfunden?
Für einmal nicht die Schweizer, sondern die Australier. Bereits 2002 hat die Universität von Adelaide Versuche durchgeführt, um mit natürlichen Mitteln den Mehltau in den Rebbergen zu bekämpfen. Als besonders wirksam erwies sich die Milch. Peter Crisp, der Leiter der Studie, behauptet, sie sei genau so effizient wie chemische Pflanzenschutzmittel. Verwendet wurden verdünnte Frischmilch, aber auch Milchpulver und verdünnte Molke, die bei der Käseproduktion anfällt. Seither haben sich vor allem Bio-Winzer für die Behandlung mit Milch anstelle von Schwefel interessiert.
Das könnte sich jedoch ändern, da das Spritzen mit Milchprodukten auch aus finanziellen Gründen interessant ist. Den Walliser Weinbauern wurde jedenfalls empfohlen, sich mit der umweltfreundlichen Methode vertraut zu machen. Damit würde gleichzeitig die Milchschwemme sinnvoll genutzt.

3 Heli spray20159Im Wallis und im Waadtland wird die Air-Glaciers dieses Jahr von Mitte Mai bis Ende August auf insgesamt 500 Hektaren Magermilch übers steile Rebland spritzen. Die beteiligten Winzer wollen damit der Umwelt, den Konsumenten und ihrer eigenen Gesundheit einen Gefallen tun. Es geht ihnen jedoch nicht zuletzt ums Image des Weinbaus, das verbessert werden soll. Und weil den chemischen Produkten immer mehr Restriktionen drohen, werden künftig auch «sanfte» Herbizide getestet.

DIVERSES AUS DEM HEXAGON

Die Osterzeit in der Ardèche war ziemlich wetterwendisch. Der Karfreitag, hier ein beinahe normaler Arbeitstag, war grau und feucht, am Samstag wurde es dann frühlingshaft warm mit strahlendblauem Himmel, am Ostersonntag regnete es wiederum heftig, und die folgenden Tage waren ebenfalls vorwiegend nasskalt. Das bietet Gelegenheit, in Zeitungen, Magazinen und im Internet nachzuschauen, was sich in Frankreich und der übrigen Welt in Sachen Insekten und Naturschutz tut…

Pfirsich2

Pestizide, Demos und Bienenmedizin
Die Tageszeitung «Le Dauphiné libéré» bietet ihrer Leserschaft jeden Tag die Möglichkeit, zu einem aktuellen Thema via Internet mit Ja oder Nein Stellung zu nehmen. Am Samstag, 2. April, reagierten 6600 Personen auf die Frage: «Werden Sie darauf verzichten, chemische Unkrautvernichtungsmittel zu benutzen?» 64% waren dafür, 36% dagegen. Eine klare Mehrheit wäre also bereit, von Hand oder mit alternativen Mitteln gegen die sogenannten Mitkräuter vorzugehen. Am Vortag lautete die Frage: «Soll die Regierung auf die Demonstrationen gegen das neue Arbeitsrecht eingehen?» Diesmal antworteten 8751 Personen, und das Verhältnis war genau umgekehrt: 36% stimmten dafür und 64% dagegen. Die meisten Leserinnen und Leser des bunten Blattes sind demnach mit den Millionen, die in den vergangenen Tagen vor allem gegen die von der linken Regierung vorgeschlagenen längeren Arbeitszeiten auf die Straße gingen, nicht ganz einverstanden. Die Demos erinnerten denn auch eher an ein fröhliches Volksfest für die Jungen, die für die Umzüge teilweise schulfrei kriegten.

220px-Propolis_in_beehives - KopieDas Glück liegt laut Professor Henri Joyeux sowieso in den Bienenstöcken und nicht auf der Straße. In derselben Nummer preist der Krebsforscher die wohltuende Wirkung von Honig, Propolis, Gelée Royale, Pollen und sogar dem Gift der Bienen. Er kämpft seit Jahren gegen die Windmühlen der Pharmaindustrie, die nur ans Geld denke. Er empfiehlt Honig nicht nur als Wundheilmittel, sondern unter vielem anderem auch als Schlafmittel und Antidepressivum. Kein Wunder, ist der Professor, der mit Bienenfleiß zahlreiche Bücher zum Thema Alternativmedizin geschrieben hat, bei seinen Berufskollegen nicht allseits beliebt.

Bienen haben wir übrigens bisher auch bei schönem Wetter sozusagen keine gesichtet, obwohl es im Eyrieux-Tal in allen Farben blüht. Man fragt sich, wie die zahlreichen Pfirsichbäume bestäubt werden, ob wohl der Wind diese Arbeit erledigt. Auch überwinternde Schmetterlinge, die ebenfalls Pollen übertragen können, sieht man erstaunlich selten.

Escrinet ganzer textVögel zählen und füttern
Auf dem Col de l’Escrinet werden momentan die Zugvögel gezählt. Der Pass ist einer der drei wichtigsten Vogelzug-Beobachtungsstandorte in Frankreich. Die Witterung meint es allerdings momentan nicht gut mit den Ornithologen, die vom 10. Februar bis zum 15. April tagtäglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hier ausharren. An den Wochenenden ist der niedrige Pass (787 m) zwischen Privas und Aubenas ein Treffpunkt von Vogelfreunden, von denen manche für dieses Ereignis von weit her anreisen. Die Ergebnisse der letzten Jahre sind unter www.migraction.net nachzulesen.Leute mit Fernrohren

Weiter südlich, zwischen Lagorce und Gras, in der Nähe der beeindruckenden Schluchten der Ardèche unterhalb von Vallon-Pont-d’Arc, bereitet sich der französische Vogelschutz(Ligue pour la protection des oiseaux) auf die – erhoffte – Rückkehr von drei Schmutzgeierpaaren aus dem Süden vor, die in den Felsen des Massivs der Dent de Rez nisten werden. Sie brauchen jedoch Unterstützung. SchmutzgeierpaarWeil die Bauern die Schlachtabfälle und Totgeburten ihrer Tiere in der EU nicht mehr in der Natur entsorgen dürfen, leiden Aasfresser wie die Geier unter Nahrungsmangel. Im Dezember 1981 wurden die ersten Gänsegeierpaare über der Jonte-Schlucht ausgewildert. Weitere folgten, und allmählich begannen sie auch zu brüten, so dass der Bestand in den Cevennen bis heute auf ungefähr 900 Vögel angewachsen ist. Außerdem gibt es in den Cevennen etwa 80 Mönchsgeier und einige Bartgeier, die 2012 ausgewildert wurden. Ohne Zufütterung würden die Bestände rapid zurückgMönchsgeier-Cevennen (2)ehen. Die drei Plätze, auf denen regelmäßig Schlachtabfälle und ganze Kadaver ausgelegt werden, bleiben geheim und sind mit Fotofallen bestückt.

Doch zurück zur Landwirtschaft. Die Französische Vereinigung für wissenschaftliche Information (AFIS) hat ihr neustes Heft den Pestiziden gewidmet. Auf 112 Seiten will die 1968 gegründete, honorige Zeitschrift das aktuelle und heikle Thema möglichst vorurteilslos angehen, wissenschaftlich eben. Das Dossier über Pestizide dieser Nummer wolle zur Information über die wirklichen Erkenntnisse beitragen, jenseits der industriellen und ideologischen Lobbys. Ich bin gespannt! Siehe: Science… & pseudo-sciences No 315, 2016. www.pseudo-sciences.org

OSTERN IM ZEICHEN DES PROTESTS

Der Mistral bläst mit aller Kraft und lässt kaum Frühlingsgefühle aufkommen. Noch vor einer Woche lag in der Ardèche bis in die Niederungen Schnee. So winterlich sei es die letzten Monate noch nie gewesen, versichert man uns und weist auf die blühenden Mimosen hin, die unter der Last des Schnees gelitten haben. Das hält die Einheimischen jedoch nicht davon ab, Osterfeste mit der beliebten Eiersuche im Freien zu planen und Protestmärsche durchzuführen. Vive la France, trotz allem!

Kampf den Pestiziden

ImkerNach einer Marathonsitzung haben die Abgeordneten des französischen Parlaments in der Nacht vom 17. auf den 18. März mit 30 Ja- zu 28 Neinstimmen beschlossen, die Neonicotinoide zu verbieten. «Ein Sieg für die Bienen… im Jahr 2018!», relativiert die Tageszeitung Le Dauphiné libéré das Ereignis. Denn bis wann und in welchem Maß das umstrittene Pestizid wirklich nicht mehr gespritzt wird, steht noch keineswegs fest. Die Landwirtschaftslobby wird diese Kröte nicht einfach so schlucken, es wird noch eine Menge Wasser die Rhone und die Seine hinunterfließen, bis das Parlament seinen Willen durchgesetzt hat.

marche_angers_spap20122012 hat das nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (Inserm) verkündet, dass ein Zusammenhang zwischen dem beruflichen Umgang mit Pestiziden und einigen schweren Krankheiten wie Krebs, Parkinson usw. zu bestehen scheine. Außerdem seien Föten im Mutterleib und Kleinkinder großen Risiken ausgesetzt, wenn sie direkt oder ndirekt mit diesen Produkten in Berührung kämen. Dennoch ist der Verbrauch von Pestiziden in Frankreich zwischen 2013 und 2014 um 9,4% gestiegen. Von Reduktion also keine Spur, obschon es 2008 einen Plan Ecophyto gab, der sich zum Ziel gesetzt hatte, den Konsum in den folgenden zehn Jahren um 50% zu senken.

Das Parlament hat sich nicht zufällig am Freitag, 18. März, für das Wohl der Bienen und Bauern eingesetzt: Am 20. März begann nämlich die Woche gegen Pestizide (La semaine pour les alternatives aux pesticides), die in Frankreich ins Leben gerufen wurde und dieses Jahr zum elften Mal auch auf internationaler Ebene durchgeführt wird. Im Programm stehen neben Manifestationen in größeren Städten Ausstellungen, Gartenbesichtigungen, Besuche bei Imkern, Führungen durch Bio-Landwirtschaftsbetriebe, Vorträge für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Bio-Essen in Kantinen, Filmvorführungen mit anschließendem Suppenessen, Handwerkskurse für Insektenhotels usw. Allein in Frankreich finden Hunderte von Anlässen statt, europaweit sind es ungefährt tausend! Ich wollte mich übers Programm der Woche ohne Pestizide in der Schweiz im Internet kundig machen und fand erstaunlicherweise keinen Hinweis darauf… Mehr darüber (auch in Deutsch) unter: www.semaine-sans-pesticides.fr.

Mit oder ohne – das ist die Frage!

grappes_01Daniel Sauvaitre gehört zu jenen Landwirten, die sich nicht vorstellen können, ohne Pestizide zu produzieren. In der Charente kultiviert er 75 ha Apfelbäume und 75 ha Reben. Dazu beschäftigt er 80 Vollzeitangestellte. «Wir brauchen Pestizide, um uns vor Risiken zu schützen, auch wenn wir diese nur im Bedarfsfall einsetzen. Bei den Insektiziden haben wir stark reduziert, auf die Fungizide können wir jedoch nicht verzichten.» Und er argumentiert weiter, dass Bio-Landwirtschaft noch nie auf einer großen Fläche von beispielsweise 2000 ha durchgeführt und die daraus resultierenden Kosten untersucht wurden. Denn die Bevölkerung wohne immer mehr in den Städten und verlange nach billigen Produkten. Ganz unrecht hat er da nicht, wenn ich die – oft fast unanständig tiefen – Preise im Supermarkt mit jenen in der Schweiz vergleiche.

François Veillerette ist anderer Meinung. Der Mediensprecher von «Générations futures», einer bereits 1996 in der Picardie gegründeten Organisation gegen Pestizide, verweist auf die rund 1900 Dephy-Bauernhöfe in Frankreich, die sich für die starke Reduktion von Pestiziden einsetzen und sich dennoch ein anständiges Einkommen sichern: «Das ist eine Frage der öffentlichen Gesundheit. Eine 2015 veröffentlichte Studie schätzt, dass die Kosten für durch Pestizide verursachte Krankheiten in Europa pro Jahr 120 Milliarden Euro betragen.» Zahlreiche Städte hätten zudem bereits freiwillig auf den Einsatz solcher Mittel auf ihren Grünflächen verzichtet. Siehe auch: www.generations-futures.fr

PlakatUnd noch etwas: Am 17. März fand in unserem kleinen, aber feinen Saint-Sauveur-de-Montagut ein Vortrag über die Schwarze Biene der Boutières statt. Weil sie zu wenig Ertrag bringe und unter Viren, Parasiten und vor allem Pestiziden leide, sei sie am Aussterben. Damit sei einerseits die Biodiversität gefährdet, andererseits seien diese einheimischen Bienen besser an ihre Umgebung angepasst als die importierten. Die Anhänger der Abeille noire blicken außerdem mit Misstrauen der von staatlicher Seite geförderten Züchtung einer Super-Biene entgegen, die gegen Pestizide, Viren usw. resistent ist und gewaltige Mengen Honig produziert…  Frohe Ostern!

GLEICHBERECHTIGUNG? BEI INSEKTEN KEIN THEMA

 

Der 8. März ist der internationale Tag der Frau. Auch im Wallis. Das war der Tageszeitung «Le Nouvelliste» eine ganze Seite wert. Denn die Statistik gibt den Wallisern in Sachen Gleichberechtigung keine guten Noten: Im Vergleich zur übrigen Schweiz, der «Üsserschwiiz», ist der Anteil der Frauen, die in der Politik vertreten sind, wesentlich geringer. Und seit 2011 scheint es eher noch weniger Walliserinnen zu reizen, sich in dieses vom starken Geschlecht dominierte Territorium zu begeben.

Machismo, aber nicht nur…
Bei einem offiziellen Besuch im Frühling 2010 sprach es die ehemalige Zürcher Regierungsrätin Regine Aeppli an: «Als Nationalrätin hatte ich manchmal den Eindruck, das Wallis sei so eine Art ‹Macho-Reservat› der Schweiz. Dies nicht nur wegen der fehlenden Frauen im Staatsrat…» Unter anderem habe auch die erste Strophe der Walliser Hymne eine Rolle gespielt:

Nennt mir das Land so wunderschön / Das Land, wo ich geboren bin, / Wo himmelhoch die Berge stehn / Und Mannskraft wohnt bei schlichtem Sinn.

Und was meinen die vom «Nouvelliste» befragten Walliser Politikerinnen dazu? Das Urteil von Großrätin Marcelle Monnet-Terrettaz tönte bitter: «Das Wallis ist zutiefst chauvinistisch. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, man hört jedoch allzu oft ‹Und wer hütet die Kinder?›, wenn vom politischen Engagement der Frauen die Rede ist.» Nadine Reichen, SVP-Großratssuppleantin, war der Ansicht, das männliche Ego lasse den Frauen nicht viel Raum, «vor allem, wenn diese besser sind als sie.» Es fehle allerdings nicht nur am guten Willen der Männer, sondern auch an Krippenplätzen usw.

Schwarze sp MH FauchèreSteht es wirklich so schlimm um den Walliser Machismo? Blättert man die Ausgabe des «Nouvelliste» vom 8. März zwei Seiten weiter, lacht eine attraktive Dunkelhaarige im Tarnanzug die Leserinnen und Leser an. Vor ihr liegt eine von ihr erlegte stattliche Hirschkuh mit dem sogenannten letzten Bissen im Äser (vulgo Maul). Marie-Hélène Fauchère Bonvin (hier mit ihrem Jagdhund Flashy) heißt die stolze Jägerin, und sie wird ab Anfang Juni die Wildhüterin des oberen Val d’Hérens sein. Eine Revolution!Moni auf der Jagd Der Präsident der Diana-Jagdgesellschaft zweifelt keinen Augenblick daran, dass diese Wahl zukunftsweisend ist, obwohl die Jagd immer noch eine sehr männliche Bastion sei. Auch im Wallis gebe es immer mehr Jägerinnen. Und auch anderswo in der Schweiz, wie Moni Henggeler aus Unterägeri mit ihrem Rehbock beweist. Die Flachmalerin, Sennerin und Reiterin ist zudem stolze Besitzerin einer kleinen Herde von Walliser Schwarzhalsziegen.

Eine weitere Stabsübergabe in weibliche Hände fand letzten November in der für ihre eher traditionelle Einstellung bekannten Gemeinde Savièse oberhalb von Sitten statt. Die CVP-Politikerin Carole Furrer übernahm als erste Frau die Präsidentschaft der 1929 gegründeten christlichen interprofessionellen Gewerkschaft Wallis, der größten und einflussreichsten Gewerkschaft im Unterwallis.

Und wie steht’s um den «Nouvelliste» selbst, der von manchen Wallisern immer noch als zu rechtslastig betrachtet wird, um gesellschaftsfähig zu sein? (Man liest ihn selbstverständlich trotzdem, spricht jedoch nicht allzu laut darüber.) Seit Februar 2014 heißt die Redaktionsleiterin Sandra Jean, wobei ihr Vincent Fragnière als Chefredaktor zur Seite steht. Der Chefredaktor des «Walliser Boten» Thomas Rieder, 59, tritt diesen April von seinem Chefposten zurück, weil er sich mehr Zeit zum Schreiben wünscht. Wer seine Nachfolge antritt, hat er im Interview mit der «NZZ» nicht verraten. Ist’s eine Frau? Das wäre eine große Überraschung, aber möglich ist alles. Übrigens: Das Weltblatt aus Zürich hat in seiner Ausgabe vom 8. März den Frauentag souverän verschlafen…

Kleines Männchen, mächtiges Weib Schwarze Spinne mit mann
Um endlich auf das Kernthema dieses Blogs zu kommen: Bei den Insekten und Spinnen stehen die Weibchen beim Kampf der Geschlechter häufig auf der Gewinnerseite. Paradebeispiele sind die Schwarze Witwe oder die Gottesanbeterin. Doch die Paarung muss keineswegs automatisch mit dem Tod des Männchens enden. Im Spinnen-Klassiker «Leben am seidenen Faden» meinte Horst Stern dazu: «Ganz allgemein ist zu sagen, dass jedes Spinnenweibchen um so ungefährlicher für den werbenden Mann ist, je paarungswilliger es sich zeigt. Eine unzeitgemäße Annäherung, ein triebstarkes Bedrängen einer nicht Bereiten geht meist übel aus. Aber das ist ja nichts Neues – Spinnen sind, um das berühmte auf die Graugänse bezogene Wort einer Lorenz-Schülerin zu variieren, schließlich auch nur Menschen.»Schwarze Spinnenmann

Gewusst wie: Das im Vergleich zu seiner Braut winzige Männchen der Schwarzen Witwe hat eine ausgeklügelte Strategie, um zu verhindern, vom viel stärkeren und mächtigeren Weibchen als Beute betrachtet zu werden. Der Winzling wohnt in ihrem Gespinst, frisst von ihrer Beute und wartet auf die Gelegenheit, sie befruchten zu können. Wahrscheinlich kann er mit seinen Geschmackshaaren an den Beinen wahrnehmen, wann seine Angebetete in Paarungsstimmung kommt. Es kommt sogar vor, dass das Männchen nach der Paarung weiter im Nest bleibt, nach dem Schlüpfen der Jungen das eine oder andere frisst und schließlich eines natürlichen Todes stirbt. Vielleicht sollte man einen Tag des cleveren Spinnenmannes einführen.