In den letzten Jahrzehnten hatten Imker ein wenig das Image verschrobener Einzelgänger, die sich in seltsamen Gewändern und Pfeife paffend ihrem riskanten Hobby widmen. Dieses Bild hat sich radikal verändert, jedenfalls wenn man sich in ultraurbanen Kreisen umhört. Hier gehört die Bienenzucht zum exklusiven Lifestyle, genauso wie vegane Restaurants und Fastfood-Läden oder Strickkurse für Männer. Bienen scheinen zu einem Sinnbild des bedrohten ökologischen Gleichgewichts zu werden.
Honey made in Zurich
Das Hotel Baur au Lac wird vom GaultMillau als «Zürichs nobelste Adresse» bezeichnet: «Eine Oase der Ruhe und des Luxus. Riesiger Park mit Kunstausstellungen.» Im 1844 gegründeten Fünfsternehaus residierte sozusagen alles, was Rang und Namen hat, und die Business-Elite trifft sich auf der lauschigen, dem See zugewandten Terrasse im Grünen gerne zum Lunch. Und nun das: Das «Baur au Lac» ist unter die Imker gegangen! Am 22. April 2016 verkündet das Luxushotel in seinem Blog stolz: «Seit heute zählt das ‹Baur au Lac› vier Bienenvölker zu seinen neuen Bewohnern. Unsere Bienen heißen Apis mellifera carnica, eine sanftmütige Unterart der Westlichen Honigbiene. Jedes unserer Bienenvölker zählt zu Beginn rund 20 000 Bienen, eine Königin und 1000 männliche Bienen (Drohnen), wobei das Bienenvolk täglich wächst. Schon seit den Zeiten namhafter Adliger wie Kaiserin Sissi oder Kaiser Wilhelm II. logieren königliche Delegationen im ‹Baur au Lac›, nun wird diese Tradition fortgesetzt.» Die über 80 000 Bienen bewohnen ein würdiges Bienenhaus mitten im Park mit Blick auf den Zürichsee.
Sie sind jedoch nicht zur Erholung hier, sondern zum Arbeiten: «Ab diesem Sommer, nach der ersten Ernte, genießen die Gäste unseren ersten eigenen Honig im Frühstücksbüffet oder können ihn am Kiosk zum Mitnehmen erwerben. Stadthonig genießt den Ruf, weniger Pestizide und Fungizide zu enthalten, und auch die Vielfalt der Blüten in der Stadt, im Gegensatz zu vielen Monokulturen auf dem Land, gibt ihm einen variantenreichen, besonderen Geschmack. Als erstes Hotel in Zürich sind wir stolz darauf, unsere ersten Mitarbeiter in schwarz-gelben Uniformen zu begrüßen.» Weitere Berichte über dieses Abenteuer werden versprochen unter www.bauraulac.ch.
Vom «Baur au Lac» ist es nicht weit zur Bahnhofstraße 31, wo sich das 1760 gegründete Uhrengeschäft Beyer Chronometrie befindet. Edlen Zeitmesser sind die Passion von Patron René Beyer. Doch jetzt hat er eine neue Leidenschaft entdeckt: die Imkerei. Auf dem Dach des Gebäudes stehen zehn Bienenhäuschen mit je ungefähr 5000 Arbeiterinnen. Am 2. Juni herrscht beim Uhrenverkäufer Hochstimmung: «Unsere Beyer-Bienen waren sehr fleißig und haben viel Honig eingetragen. Der alte botanische Garten ist eine gute Bezugsquelle und verleiht dem Honig einen blumigen Geschmack. Wir durften über 100 kg Honig ernten. Dies ist eine große Menge, und wir sind sehr zufrieden mit unseren Bienen.» Die Ernte wird in hübsche Gläser abgefüllt und als Kundengeschenk in alle Welt verschickt: More Than Honey aus Zürichs Bankenviertel. www.beyer-ch.com
Pariser Honig-Chic
Frankreich hat momentan so viel um die Ohren – Streiks, Überschwemmungen und die Angst vor neuen Terroranschlägen während der Fußball-EM –, dass das Thema Stadtimkerei eher deplaziert scheint. Trotzdem berichtet das Magazin L’Obs über die neue Honig-Passion, die Paris gepackt hat. Kein großes Hotel der Stadt an der Seine, das keinen eigenen Bienenstock pflegt. Das «Marriott Champs-Elysées» produziert seit vergangenem Jahr seinen eigenen Blütennektar und bietet Patenschaften für Bienenvölker an; auf dem Dach der Fünfsternehotels Scribe und Mandarin Oriental wird ebenfalls geimkert.
Die erste Honigboutique, die Miel Factory an der Rue de Sévigné, in bester Lage im Stadtteil Marais beim Musée Carnavalet, gleicht einem goldenen Bienenstock und bietet laut Eigenwerbung 26 der exklusivsten Honigsorten aus aller Welt an.
Kennen Sie Alexandre Stern? Ich bis heute auch nicht. Der gepflegte junge Mann mit dem ernsten Blick ist jedoch der Star am französischen Gourmet-Himmel, ein Honig-Designer, der für die bekanntesten Küchenchefs und Hotels kreativ tätig ist, indem er die Produkte seiner Wahl wie Weine oder Parfüms «assembliert». Um die allerbeste Ware aufzustöbern, reist er rund um den Globus, bis nach Nepal, Thailand oder Neuseeland.
So ein Töpfchen kann dann leicht 30 Euro pro 100 Gramm kosten. Der «Önologe des Honigs» mit seiner eleganten Boutique im besten Pariser Einkaufsviertel scheint dennoch keine Absatzschwierigkeiten zu haben. Siehe unter www.alexandrestern.net.
Mehrere weitere Pariser Läden preisen Honig mit dem Wortschatz edler Weine an, führen Degustationskurse durch und stellen «thematische Koffer» zusammen, die den Kunden ins Haus geliefert werden. Mehr, viel mehr unter: www.unitedstatesofparis.com. Douce France, honigsüßes Paris…
Hallo! Bei mir findest du auch interessante Beiträg und alles rund um Bienen, Honig & Imkern. Schau mal vorbei, ich freue mich! https://honigsuess.com/ LG Marlies
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