HORNISSEN IM ANFLUG, WERREN IM RÜCKZUG

asiatische-hornisse102-_v-TeaserAufmacherEin neuer Feind der Honigbienen ist im Anflug: Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) wurde 2004 erstmals im Bordelais entdeckt, breitete sich von Südwestfrankreich bis ins Rhonetal aus und zieht offenbar unaufhaltsam weiter in Richtung Alpen. Die Imkerei erhält mit diesen per Schiff aus China eingeschleppten Insekten ein weiteres Problem, da sie noch ausgeprägter als die einheimischen Hornissen auf Honigbienen Jagd machen, um mit dieser Beute ihre eigene Brut zu ernähren. Allerdings scheiden sich die Geister darüber, ob die «Killer-Hornisse» wirklich so gefährlich ist, wie es oft heißt.

thBesser als ihr Ruf
So seltsam es in manchen Ohren auch klingt, es gibt Menschen, die von Hornissen derart begeistert sind, dass sie sich für deren Schutz einsetzen (da ich mit einem Mann verheiratet bin, der nicht anders kann, als Hornissen zu kraulen, wenn sie in seine Nähe kommen, ist mir diese Einstellung nicht ganz fremd…). Ein Pionier in diesem Bereich ist der deutsche Biologe Rolf Witt, der mehrere Bücher über Bienen und Wespen geschrieben hat. Er plädiert dafür, hinsichtlich der Asiatischen Hornisse sachlich zu bleiben, sich zu informieren und vor allem keine Panik zu verbreiten: «Ich halte es für sehr wichtig, dass wir uns schon frühzeitig mit der Biologie und dem Umgang mit dieser Art beschäftigen, um so entsprechend vorbereitet zu sein. Ein fundiertes Wissen ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die bisherige Berichterstattung in den Medien alles andere als sachlich war.» In Frankreich habe man inzwischen akzeptiert, dass Vespa velutina zur einheimischen Insektenfauna gehöre, bekämpfe sie jedoch dennoch rigoros. Von Hornissen- und Wespenschutz sei in Frankreich noch nichts bekannt.

Asian hornet preying on a bee. Asian hornet (Vespa velutina) preying on a bee. After catching a bee, this hornet will kill it by biting off its head, and then begin to dismember it (seen here) and will only take the bee's thorax back to its nest to feed its larvae. Once a beehive is found by this species, the entire population of bees can be killed within hours. This invasive Asian hornet species, also called the Asian predatory wasp, first appeared in France in around 2004, and has been spreading, attacking people and preying on native honeybee species. Photographed in the Bordeaux region of France, in 2010.Haben die Imker also nichts zu befürchten? Ganz so eindeutig ist es auch wieder nicht. Rolf Witt: «Die Art ist grundsätzlich als Allesfresser einzuordnen, wobei Honigbienen oft 80 bis 85 % der Beute ausmachen. In Stadtrandbereichen scheint die Bedeutung von Honigbienen für die Ernährung höher zu sein als in ländlichen Gebieten. Weitere Beutetiergruppen sind vor allem andere soziale Hautflügler-Arten, Dipteren (Fliegen und Mücken), Coleoptera (Käfer) bis hin zu Wirbeltieren. Zur Eigenversorgung werden Blüten besucht und dabei auch bestäubt.» Menschen sollen vor dieser Hornisse nicht viel zu befürchten haben, außer man gehört zur Spezies der Allergiker. «Einer der besten Kenner der Art in Frankreich, Jean Haxaire, hat Völker zu sich in den Garten umgesiedelt, in dem auch regelmäßig Kinder spielten. Zu Stichen ist es dabei nicht gekommen, und eine verstärkte Aggressivität konnte Haxaire nicht feststellen.» Massive Schäden seien zudem vor allem bei Honigbienenvölkern entstanden, die bereits beschädigt oder schwach entwickelt waren. Mehr unter www.hornissenschutz.de/verspa-velutina-deutsch.htm

WiedehopfDer Wiedehopf macht sich rar
Der populäre Zugvogel mit der dekorativen Federhaube ist ein Sorgenkind der Ornithologen. Von den ungefähr 230 Paaren, die in der Schweiz brüten, sind die meisten im Wallis anzutreffen. Ihr Bestand geht jedoch auch hier seit 2010 wieder zurück, obwohl sich das Zentral- und Unterwallis als Lebensraum des attraktiven Upupa epops grundsätzlich eignen: In den Eichen- und Kastanienwäldern gibt es alte, hohle Bäume und in den Weinbergen zerfallende Winzerhäuschen mit höhlenartigen Brutplätzen. Auch das generell warm-trockene Klima des zentralen und unteren Rhonetals sowie die Steppen, Rebberge und Auenlandschaften entsprechen seinen Bedürfnissen.wiedehopf_bg_010410_6

Über die Nahrung des Wiedehopfs schreibt Pierre-Alain Oggier in seinem Buch über die Fauna des Kantons: «Wegen seiner Größe muss der Wiedehopf viel Beute machen: Jérome Fournier hat bis zu 300 tägliche Futterlieferungen in ein einziges Wiedehopfnest gezählt.  MGrille-402--Götz_Nowack_maulwurfsgrilleUnter den Beutetieren, die in der Gegend von Fully mit Hilfe einer Fotofalle erfasst wurden, liegen mit 60% die Raupen des Eulenfalters an der Spitze, den zweiten Platz belegen Maulwurfsgrillen. Aber gewichtsmäßig machen letztere 80% aus, wogegen die Raupen 15% des Gesamtgewichts kaum übersteigen. Natürlich fangen die Paare die günstigste Beute: Die Maulwurfsgrille, die an den Hängen fast völlig fehlt, überwiegt auf der Speisekarte der Paare in der Ebene.» Sie picken die bis zu 6 cm großen, auch Werren genannten Maulwurfsgrillen mit ihrem langen, leicht gekrümmten Schnabel aus der Erde.
wiedehopf NisthilfeEine logische Erklärung für den Rückgang des Wiedehopfs liefert der Insektenforscher Dr. Christoph Germann vom Naturhistorischen Museum Bern. Im «Blick» vom 25. Juni 2016 verkündet er, diese bei Landwirten und Hobbygärtnern verpönte Grillenart, die sich mit ihren kräftigen Grabschaufeln durch die Erde wühlt, sei selten geworden und gelte sogar als vom Aussterben bedroht, weil sie sehr empfindlich auf Pestizide reagiere. Die Werre sei zudem keineswegs nur ein Schädling, sondern fresse außer Pflanzenwurzeln auch Larven und Raupen. Für den Wiedehopf ist diese Entwicklung verhängnisvoll, denn wenn er zu wenig Nahrung für sich und seine Brut findet, ist sein Schicksal besiegelt. Da bringen auch Nisthilfen nichts.

 

 

 

 

FISCHER FORDERN: MEHR PHOSPHAT, WENIGER PESTIZIDE

z4AelDass in der Schweiz weniger Felchen und Egli gefangen werden, war in allen Zeitungen zu lesen. Für Gourmets ist das eine schlechte Nachricht, für Berufsfischer gar eine Katastrophe. Der Schweizerische Berufsfischerverband zeichnet in seinem Pressecommuniqué vom 22. April 2016 ein dramatisches Bild: «Wer heute an den Ufern des Vierwaldstättersees, Bodensees oder Brienzersees entlangspaziert, ahnt nichts davon, dass unter der glitzernden Wasseroberfläche hungergeplagte Fische schwimmen. Seit Ende der 1970er Jahre wird den ehemals mit Phosphaten überdüngten Seen ein striktes Reinhalteprogramm aufgezwungen. Der lebenswichtige Nährstoff Phosphor, der natürlicherweise in jedem Gewässer vorhanden ist, fehlt heute in vielen Schweizer Seen beinahe gänzlich. Das hat gravierende Folgen für die Fischbestände.»

Zu saubere Seen?2170676_1_article660x420_B993600579Z.1_20141125160659_000_G0G3CUFVS.2_0
Eigentlich sollte man sich darüber freuen, dass es dank den Kläranlagen wieder saubere Gewässer gibt. Die Fangquoten der hiesigen Fischer rauschen jedoch bachab. Für den Verband der Berufsfischer ist es eindeutig: «Sinkt der Phosphatgehalt eines Sees unter 10 mg/m3 Seewasser, dann brechen die Fangerträge sehr rasch ein. Weder der Gewässerschutz noch die Trinkwasserversorgung oder die Badegäste benötigen einen tieferen Phosphatgehalt als diese 10 mg/m3.» Der fatale Nährstoffmangel könne behoben werden, wenn wieder mehr Phosphat toleriert werde. Und der Verband doppelt nach: «Welch skurriles Szenario wäre das, wenn im Wasserschloss Schweiz keine Fische aus einheimischem Wildfang mehr auf den Teller kämen.»

th3QKOBM2DEs gibt jedoch Zweifler, die die Schuld am Rückgang der Felchenbestände nicht dem mangelnden Phosphat zuschreiben. Als Ursachen kämen ihrer Meinung nach auch die steigende Temperatur der Gewässer aus klimatischen Gründen, Belastung durch Freizeitaktivitäten und der zu hohe Pestizidgehalt durch die Landwirtschaft in Frage. Der Bodenseefischer Peter Klingenstein findet es nicht sinnvoll, die Seen aus wirtschaftlichen Gründen zu düngen: «Nachhaltigkeit steht für mich immer zuoberst. Entsprechend suche ich nicht die Menge, sondern die Konstanz in der Fischerei. Heute wachsen die Felchen zwar langsamer, aber die Qualität des Fleisches ist wesentlich besser als früher.» (Wandermagazin SCHWEIZ 10/11/2013).

Pestizide im Fokus
thSMOOCQFBJetzt reißt den Fischern erneut der Geduldsfaden, sie fordern Taten statt Worte. Der Schweizerische Fischerei-Verband SFV informierte die Medien über die unhaltbaren Zustände in unseren Gewässern: «Als einem der letzten Länder Europas fehlt der Schweiz ein Aktionsplan gegen Pestizide. Umso schlimmer, weil unser Land einen der höchsten Pestizidanteile haben soll. Mehr noch: Die vorwiegend von der Landwirtschaft eingesetzten Insekten- und Pflanzenschutzmittel muten den Flüssen und Seen einen eigentlichen Pestizid-Cocktail zu. Und trotzdem sind immer noch 2000 Tonnen Pestizide im Handel, darunter auch das umstrittene Glyphosat.»

SFV-Zentralpräsident Roberto Zanetti, Hobbyangler und SP-Ständerat, fordert konkrete Maßnahmen: «Es ist jetzt höchste Zeit für den längst in Aussicht gestellten Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel NAP. Im Interesse von Fauna und Flora im und am Wasser erwarten wir Fischer, dass er endlich kommt.» Der Pestizideinsatz soll kurzfristig um 50 Prozent und langfristig um 80 Prozent reduziert werden.

wasser07Das ist ein ehrgeiziges Ziel, und man wird sehen, wie die Landwirtschaft darauf reagiert. Unterstützung erhält der Fischerei-Verband vom WWF, der in diesem Zusammenhang auch auf die vergifteten Bienen und die Kosten hinweist: «Eine kürzlich erschienene Studie des Forschungs- und Beratungsbüro INFRAS zeigt die wirtschaftlichen Auswirkungen von Pestiziden. Jährlich entstehen der Schweiz Umwelt- und Gesundheitskosten in Millionenhöhe durch den Pestizideinsatz. Mit dem Aktionsplan muss der Bund für Kostenwahrheit sorgen und die Entwicklung von Alternativen zu chemischen Pestiziden unterstützen, um die Belastung für Bevölkerung und Umwelt einzudämmen.»Eintagsfliege

Insekten auf der Speisekarte
Wäre es nicht auch möglich, dass die Fische Hunger leiden, weil sie zu wenig Insekten finden? Ganz abwegig ist das nicht, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert Insekten in ihrem Nahrungsspektrum haben. Viele Jungfische halten sich in den seichten Uferbereichen auf und sind auf Mückenlarven angewiesen. Sie müssen in großen Mengen vor dem Maul zur Verfügung stehen, da die Jagd auf Beutetiere zuviel Energie verbraucht. Bei größeren Fischen spielen dann Eintagsfliegen-, Steinfliegen- und Köcherfliegenlarven eine wichtige Rolle.

thNPLNTFPUVon den Ausflügen an die Bergbäche mit meinem Vater weiß ich: Forellen angelt man mit kunstvoll gebundenen Fliegen, die man gekonnt und mit viel Fingerspitzengefühl über die Wasseroberfläche tanzen lässt. Neben den Forellen schnappen auch Äschen, Saiblinge, Plötzen, Alande, Ziegen, Ukelei oder Döbel nach Insekten und schnellen sogar in die Luft, um sie zu fangen. Sogar Libellen und Eintagsfliegen sind vor Fischmäulern nicht sicher. (Quelle: Österreichisches Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz ÖKF).

Dass die in Deutschland, der Schweiz und anderswo durchgeführten «biologischen» Aktionen zur Bekämpfung der Stechmücke Aedes vexans das Nahrungsangebot der Fische zusätzlich reduzieren, liegt auf der Hand (siehe auch meinen Blog vom 2. Juni 2016). Sie gehören bestimmt nicht zu den angenehmsten Vertretern des Tierreichs, für den Fischbestand sind sie jedoch eindeutig ein Segen.

 

BRÄME, BREMSEN UND GÖTTERTRANK

gotthardpass_010Der Gotthard und sein brandneuer, 57 Kilometer langer Basis-Eisenbahntunnel standen letzte Woche im Rampenlicht. Die Schweiz jubelte! Fast die ganze Korona war vor Ort, inklusive Merkel, Hollande und Renzi als Vertretern der Nachbarstaaten, um Beifall zu spenden, die meisten wirkten jedoch bei der Fahrt durch das Jahrhundertbauwerk eher gelangweilt. Kein Wunder: Die Reise über den Götter- und Teufelsberg ist nämlich wesentlich spannender als jene durch das Jahrhundertloch. Ich weiß nicht, wie oft wir in den Sommerferien mit Sack und Pack über den Gotthard gen Süden gebraust sind. Abenteuerlich war es jedes Mal, und es wurde jeweils laut gesungen, was in unserer Familie sonst nicht oft vorkam.

Cover Gotthard«Die cheibe Bräme»
Dem Trio der Geschwister Schmid sei Dank gibt es seit 1945 den legendären Hit «Über de Gotthard flüget Bräme» (siehe und höre unter www.youtube.com/watch?v=Z4NcLAWbzy8)!  Ohne diesen schmissigen Ohrwurm wäre die Autofahrt über die Haarnadelkurven hinauf auf den Pass zum Hospiz und dem kalten See nicht halb so lustig gewesen. Das Lied auf die Bremsen, die aufs Blut der Soldaten, Postwagenpferde und übersömmernden Rinder scharf waren, prophezeit, dass das immer so gewesen sei und auch in Zukunft so bleiben werde.gotthardpass-museum-1203-0

Offensichtlich haben sich die Geschwister Schmid getäuscht, denn es heißt, die Blutsauger aus der Familie der Fliegen würden im Gotthardmassiv nur noch selten gesichtet (ich kann mich allerdings nicht erinnern, dort je wirklich Bremsen gesehen zu haben…). Laut einem Artikel der «Aargauer Zeitung» vom 22. August 2014 wird auch das Mittelland immer weniger von diesen «Störenfrieden» heimgesucht. Die Brüder Guido (80)  und Leo (88) Koch aus Büttikon erinnern sich: «Früher konnten wir die Kühe im Sommer nachmittags kaum auf der Weide lassen. Es gab so viele Brämen, dass sich das Vieh dagegen fast nicht wehren konnte.» FLIEGE_620Man habe sich mit rauchenden Feuerkesseln gegen die Plagegeister gewehrt: «Wir haben einst immer noch etwas Gummi verfeuert. Der dadurch entstehende Gestank hatte für die Brämen zusätzlich eine abschreckende Wirkung.» Eine Methode, die sich selbstverständlich nicht empfiehlt, obwohl es schmerzhaft sein kann, wenn Bremsen zuschlagen.

rinderbremse-tabanus-bovinusAuch wenn es nicht jede Frau gerne hört: Blut saugen in der Regel nur die Weibchen, während die Männchen von Blütennektar leben. Und sie sind besonders an schwülen, feuchten Tagen hungrig, weshalb sie auch «Gewitterfliegen» oder «Regenbremsen» genannt werden. Wo sie in Massen auftreten, können Bremsen ganze Viehherden schwächen und beispielsweise in Afrika auch auf Menschen lebensgefährliche Krankheiten übertragen. Vermissen tut man die «cheibe Bräme» darum eigentlich nicht. Trotzdem ist es einmal mehr rätselhaft, warum sie auf dem Rückzug sind. Oder wird uns der feuchte Frühling und Sommeranfang etwa eine Bremseninvasion wie anno dazumal bescheren?

Metsieder und Bienenfreund
alexander-eckert-foto.256x256 Alexander Eckert lebt in einem behäbigen Bauernhaus in Innerberg bei Bern, wo er ein Handwerk ausübt, das in der Schweiz Seltenheitswert besitzt: Er produziert Met, den Honigwein, den schon die alten Griechen, Römer und Germanen schätzten. Der von Stuttgart ins Bernische zugezogene Informatiker hängte seinen Beruf vor sieben Jahren an den Nagel und gründete die erste Metsiederei in der Schweiz. Die Welt der Bits und Bytes war ihm zu kopflastig, er sehnte sich nach mehr Natur und einer Tätigkeit, die ein handfestes Ergebnis hervorbringt. Doch was ist eigentlich Met? Seine Homepage www.metsiederei.ch gibt Auskunft: «Honig gärt von sich aus, wenn er zuviel Wassergehalt besitzt, und wandelt sich so zu etwas Berauschendem, Magischem. In Europa wurde Met im Hochmittelalter vom Traubenwein verdrängt und fast vergessen, obwohl er sich damit sehr gut messen kann. Met ist und war immer schon ein mystisches Getränk.» Dieser vergorene Honig  soll übrigens laut Kneipp der gesündeste Alkohol sein.

honigweinAlexander Eckert ließ sich zum diplomierten Berufsimker ausbilden und stellt heute rund 42 Hektoliter Met in drei verschiedenen Varianten her. Dazu verarbeitet er zwei Tonnen Honig, den er zum größeren Teil in Bioqualität aus Rumänien bezieht, wo es noch «wirkliche Wildwiesen und -flächen gibt, die man in der Schweiz so nicht mehr findet.» Und er befürchtet, dass es zu viele Pestizide und zu wenig Blütenpflanzen gebe, um die Zukunft der Bienen und des Honigs zu garantieren. Er hat jedoch keineswegs vor, seinen Traumjob aufzugeben und siedet weiterhin Met, den Trunk der Götter und Krieger. (Quelle: «marmite», Ausgabe 3, 2016).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

LUXUSBIENEN

In den letzten Ja36 baur au lac terrassehrzehnten hatten Imker ein wenig das Image verschrobener Einzelgänger, die sich in seltsamen Gewändern und Pfeife paffend ihrem riskanten Hobby widmen. Dieses Bild hat sich radikal verändert, jedenfalls wenn man sich in ultraurbanen Kreisen umhört. Hier gehört die Bienenzucht zum exklusiven Lifestyle, genauso wie vegane Restaurants und Fastfood-Läden oder Strickkurse für Männer. Bienen scheinen zu einem Sinnbild des bedrohten ökologischen Gleichgewichts zu werden.

Honey made in Zurich
Das Hotel Baur au Lac wird vom GaultMillau als «Zürichs nobelste Adresse» bezeichnet: «Eine Oase der Ruhe und des Luxus. Riesiger Park mit Kunstausstellungen.» Im 1844 gegründeten Fünfsternehaus residierte sozusagen alles, was Rang und Namen hat, und die Business-Elite trifft sich auf der lauschigen, dem See zugewandten Terrasse im Grünen gerne zum Lunch. Und nun das: Das «Baur au Lac» ist unter die Imker gegangen!  36 Bienenhaus-Baur-au-Lac-Blumen-630x400 Am 22. April 2016 verkündet das Luxushotel in seinem Blog stolz: «Seit heute zählt das ‹Baur au Lac› vier Bienenvölker zu seinen neuen Bewohnern. Unsere Bienen heißen Apis mellifera carnica, eine sanftmütige Unterart der Westlichen Honigbiene. Jedes unserer Bienenvölker zählt zu Beginn rund 20 000 Bienen, eine Königin und 1000 männliche Bienen (Drohnen), wobei das Bienenvolk täglich wächst. Schon seit den Zeiten namhafter Adliger wie Kaiserin Sissi oder Kaiser Wilhelm II. logieren königliche Delegationen im ‹Baur au Lac›, nun wird diese Tradition fortgesetzt.» Die über 80 000 Bienen bewohnen ein würdiges Bienenhaus mitten im Park mit Blick auf den Zürichsee. 36 Bienen-Welcome-Home-zwei-630x400Sie sind jedoch nicht zur Erholung hier, sondern zum Arbeiten: «Ab diesem Sommer, nach der ersten Ernte, genießen die Gäste unseren ersten eigenen Honig im Frühstücksbüffet oder können ihn am Kiosk zum Mitnehmen erwerben. Stadthonig genießt den Ruf, weniger Pestizide und Fungizide zu enthalten, und auch die Vielfalt der Blüten in der Stadt, im Gegensatz zu vielen Monokulturen auf dem Land, gibt ihm einen variantenreichen, besonderen Geschmack. Als erstes Hotel in Zürich sind wir stolz darauf, unsere ersten Mitarbeiter in schwarz-gelben Uniformen zu begrüßen.» Weitere Berichte über dieses Abenteuer werden versprochen unter www.bauraulac.ch.

36 Stadtimker 2Vom «Baur au Lac» ist es nicht weit zur Bahnhofstraße 31, wo sich das 1760 gegründete Uhrengeschäft Beyer Chronometrie befindet. Edlen Zeitmesser sind die Passion von Patron René Beyer. Doch jetzt hat er eine neue Leidenschaft entdeckt: die Imkerei. Auf dem Dach des Gebäudes stehen zehn Bienenhäuschen mit je ungefähr 5000 Arbeiterinnen. Am 2. Juni herrscht beim Uhrenverkäufer Hochstimmung: «Unsere Beyer-Bienen waren sehr fleißig und haben viel Honig eingetragen. Der alte botanische Garten ist eine gute Bezugsquelle und verleiht dem Honig einen blumigen Geschmack. Wir durften über 100 kg Honig ernten. Dies ist eine große Menge, und wir sind sehr zufrieden mit unseren Bienen.» Die Ernte wird in hübsche Gläser abgefüllt und als Kundengeschenk in alle Welt verschickt: More Than Honey aus Zürichs Bankenviertel. www.beyer-ch.com

Pariser Honig-Chic
Frankreich hat momentan so viel um die Ohren – Streiks, Überschwemmungen und die Angst vor neuen Terroranschlägen während der Fußball-EM36 Imker Eifelturm –, dass das Thema Stadtimkerei eher deplaziert scheint. Trotzdem berichtet das Magazin L’Obs über die neue Honig-Passion, die Paris gepackt hat. Kein großes Hotel der Stadt an der Seine, das keinen eigenen Bienenstock pflegt. Das «Marriott Champs-Elysées» produziert seit vergangenem Jahr seinen eigenen Blütennektar und bietet Patenschaften für Bienenvölker an; auf dem Dach der Fünfsternehotels Scribe und Mandarin Oriental wird ebenfalls geimkert.36 miel factory eingang

Die erste Honigboutique, die Miel Factory an der Rue de Sévigné, in bester Lage im Stadtteil Marais beim Musée Carnavalet, gleicht einem goldenen Bienenstock und bietet laut Eigenwerbung 26 der exklusivsten Honigsorten aus aller Welt an.

Kennen Sie Alexandre Stern? Ich bis heute auch nicht. Der gepflegte junge Mann mit dem ernsten Blick ist jedoch der Star am französischen Gourmet-Himmel, ein Honig-Designer, der für die bekanntesten Küchenchefs und Hotels kreativ tätig ist, indem er die Produkte seiner Wahl wie Weine oder Parfüms «assembliert». Um die allerbeste Ware aufzustöbern, reist er rund um den Globus, bis nach Nepal, Thailand oder Neuseeland.

So ein Töpfchen kann dann leicht 30 Euro pro 100 Gramm kosten. Der «Önologe des Honigs» mit seiner eleganten Boutique im besten Pariser Einkaufsviertel scheint dennoch keine Absatzschwierigkeiten zu haben. Siehe unter www.alexandrestern.net.36 Alexandre Stern

Mehrere weitere Pariser Läden preisen Honig mit dem Wortschatz edler Weine an, führen Degustationskurse durch und stellen «thematische Koffer» zusammen, die den Kunden ins Haus geliefert werden. Mehr, viel mehr unter: www.unitedstatesofparis.com. Douce France, honigsüßes Paris…

PRO BIENEN – KONTRA MÜCKEN

35 OnexOnex ist eine Gemeinde des Kantons Genf mit heute knapp 19’000 Einwohnern. 1950 lebten hier bloß 958 Einwohner vorwiegend von der Landwirtschaft, woran das Gemeindewappen mit dem schönen Laubbaum erinnert. Anfang der 1960er Jahre wurde mit der gigantischen Großüberbauung «Cité Nouvelle» mit Tausenden von Sozialwohnungen begonnen. Sie war die zweite von mehreren Satellitenstädten, die die akute Wohnungsnot von Genf lindern sollte. Damit wurde eine neue, urbane Ära eingeläutet. Heute, ein halbes Jahrhundert später, hat Onex kürzlich beschlossen, Wildbienen auszusetzen und zu fördern. Angeregt hatte dieses pionierhafte Projekt Félix Laemmel, engagierter Umweltschützer und Mitglied des Gemeinderats. Es sei ein langfristiges Unternehmen, erklärte er der «Tribune de Genève», mit dem die Lebensqualität in Onex gesichert werden soll. Er hofft, dass die heimischen Wildbienen durch die Bestäubung einheimischer Wild- und Kulturpflanzen zur Bekämpfung der invasiven exotischen Pflanzen beitragen, die sich im städtischen Umfeld breitgemacht haben. Wann und wie damit konkret begonnen wird, ist noch nicht bekannt. Affaire à suivre…

GROSSVERTEILER ENGAGIEREN SICH
35 Wildbiene
Jeweils am Montag liegt das «Migros-Magazin» im Briefkasten. Im dazugehörigen «Vivai» konnte man erfahren, dass der Förderfonds Engagement Migros eine neue Onlineplattform geschaffen hat, bei der sich alles um Honig- und Wildbienen dreht: «Sie bietet konkrete Empfehlungen für Leute, die im Beruf oder in der Freizeit etwas zur Förderung der Bienen tun können.» Weitere Informationen unter www.bienenzukunft.ch. Dieses Engagement der Migros für die Biodiversität wurde übrigens mit dem Umweltpreis 2016 der Schweizerischen Umweltstiftung ausgezeichnet.

35 Salvador GaribayAm Dienstag trifft dann die «Coop-Zeitung» ein, in unserem Fall in Sion die französischsprachige Ausgabe. Und siehe da: Prominent auf den Seiten 10 und 11 werden die Bienen und ihre Abhängigkeit von der Biodiversität thematisiert. Dr. Salvador Garibay, Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL), Demeter-Imker und Coop-Berater, weist darauf hin, dass die Bienen in der Schweiz vor allem im Hochsommer Hunger leiden. Nachdem die Rapsfelder geerntet sind, bleiben oft nicht mehr viele Pollenlieferanten übrig. «Je weiter die Bienen fliegen müssen, um Pollen und Nektar zu finden, desto mehr Energie verbrauchen sie.» Dadurch würden sie geschwächt und sind krankheitsanfälliger. Er plädiert darum für mehr Wildblumenstreifen und Hecken am Rand von Feldern und Äckern sowie mehr Blütenpflanzen in den Wiesen. Das FiBL habe festgestellt, dass es in artenreichen «Bio»-Wiesen drei- bis viermal mehr Bienenarten und mengenmäßig siebenmal mehr Bienen gibt. Und Salvador Garibay übertreibt nicht, wenn er feststellt, dass wir ohne Bienen auf sehr viele Früchte und Gemüse verzichten müssten.

Soeben ist der «Bio Suisse Newsletter» elektronisch ins Haus geflattert: Unter dem Titel «Gemeinsam für Bienen- und Imkernachwuchs» weist er auf den «Tag der offenen Bienenhäuser» hin, der allerdings mehrmals stattfinden wird, bereits ab dem 4. und 5. Juni. Mehr dazu unter www.probienen.ch

«BIO-KRIEG GEGEN MÜCKEN»
35 Aedes vexans
Unter dieser (übersetzten) Schlagzeile berichtete der «Nouvelliste» vom 25. Mai über die Bekämpfung der Stechmücke Ades vexans im Naturschutzgebiet Pouta Fontana im Rhonetal zwischen Sierre und Sion. Da stutzt man automatisch. Unter dem Begriff «Bio» wird einem ja so vieles verkauft, es mutet jedoch eher seltsam an, dass in einem 29 Hektaren großen Feuchtgebiet mit zahlreichen Tümpeln und Teichen, viel Sumpf, Röhricht und Wald, 158 registrierten Vogel-, 4 Amphibien-, 12 Libellen- sowie verschiedenen Fisch- und Weichtier-Arten gegen Mücken vorgegangen wird. Ein Blick ins Internet drängte sich auf: Was ist an dieser Aedes vexans so schlimm, dass zur Bio-Keule gegriffen wird? Der Artikel gibt darauf keine Antwort.

35 Pouta FontanaDas Fauna-Portal von Wikiwallis hat sich mit dem Problem beschäftigt: «In der Umgebung von Pouta-Fontana wohnt man nicht sehr ruhig. In vierjähriger Feldarbeit hat Grégoire Raboud 17 Mückenarten im Reservat bestimmt und so die Unruhestifter entdeckt. Es sind Wandermücken, deren Name Aedes vexans auf den Humor der Wissenschafter und die ‹Begabung› dieser Zweiflügler hinweist: Mobilität und Lust auf Menschenfleisch.» Bekämpft werde sie – wie auch andernorts, zum Beispiel am Oberrhein – mit dem Bacillus thuringensis, der für andere Arten unschädlich sei, wenn man ihn zur richtigen Zeit am richtigen Ort einsetze.35 Pouta-fontana-Heron-cendré

Wir waren heute in der Gegend, zwischen dem Golfplatz Sierre und dem Reservat Pouta-Fontana. Mücken haben wir keine entdeckt, andere Insekten gab’s ebenfalls auffallend wenige. Für die Golfspieler ist das bestimmt angenehm. Wie steht’s jedoch um die Vögel, Fische, Frösche usw.? Im Artikel «Stechmücken» meldet Wikipedia immerhin leise Bedenken an: «Aus ökologischer Sicht gilt die flächendeckende Bekämpfung der Stechmücke, denn in den Gewässern sind Mückeneier und -larven ein wichtiges Glied in der Nahrungskette für Insekten, Spinnen, Vögel, Fische und andere Insektenfresser.»