VOM WINDE VERWEHT

Die erste Biene, die erste Feuerwanze, die erste Ameise gesichtet! Hier und dort blühen Leberblümchen, und der Bärlauch beginnt zu sprießen – Frühlingserwachen. Dennoch: Es ist nach wie vor Winter, mit viel Schnee in den Bergen und Temperaturen weit unter Null. Wer Ski fahren will, muss nicht nach Pyeongchang fliegen, der Pistenplausch finde+t in den Schweizer Bergen auf echtem Schnee statt.

Zu teuer? Zu billig?
Auch den englischen Reisejournalisten John Eifion Jones zog’s in die Alpen. Und er hat in der «NZZ» erklärt, wieso er trotz Sonne, Pulverschnee und gutem Essen nicht nur begeistert war. «Wann sind Auslandferien zu teuer? Bei mir war es der Moment, als ich feststellen musste, dass mich die Bahnfahrt vom Flughafen zum Ferienort mehr kostet als der Flug von England in die Schweiz.» Das Swiss Transfer Ticket für Gäste aus dem Ausland kostet pro Person in der 2. Klasse 154 Franken (Kinder bis 16 Jahre gratis). Damit kann man mit der Eisenbahn von der Grenze oder vom Flughafen Genf oder Zürich bis zum Ferienort und wieder zurück fahren. Gewiss, das scheint nicht ausgesprochen günstig, wenn man mit dem Billigflieger bereits für 100 Franken von London nach Zürich und zurück reist. Und es gibt sogar Schnäppchen-Flüge für wesentlich weniger Geld! Insofern ist der Frust des Journalisten verständlich. Auch für Einheimische ist die Schweizer Bahn übrigens kein preisgünstiges Beförderungsmittel – außer für Politiker und Bundesbeamte, die jedes Jahr ein Erstklass-Generalabonnement im Wert von 6300 Franken geschenkt erhalten.

Grundsätzlich mag man es ja allen gönnen, nicht nur den Superreichen, sondern auch den britischen Pauschaltouristen, dass sie den Urlaub an ihrem Wunschziel verbringen können. Die Frage ist jedoch, ob die Billig(st)flüge – und überhaupt der gesamte rasant zunehmende Flugverkehr – ökologisch noch verantwortbar sind. In Blog 45 vom September 2016 berichtete ich vom Savoyarden Jacques Fabry, der die Auswirkungen des Luftverkehrs seit Jahren beobachtet und überzeugt ist, dass Kerosin eine Menge zur Umweltverschmutzung und damit auch zum Insektenschwund beitrage. Vor allem die Bienen seien durch die von den Flugzeugen verursachten Nebelschleier desorientiert. Seine Appelle an französische Universitäten und Aviatikunternehmen, gezielt dagegen vorzugehen, blieben offensichtlich ungehört. In Deutschland scheint sich dagegen etwas zu tun.

Unerforschtes Kerosin
Laut Wikipedia beträgt die weltweit steigende Wachstumsrate des Flugverkehrs 7,1%. Deutschlandweit seien die Emissionen zwischen 1990 und 2014 um 85% angestiegen, von knapp 15 Mio. Tonnen auf etwa 26 bis 27 Mio. Tonnen. «Bei einem ökologischen Vergleich der Verkehrsmittel in Deutschland unter realistischer Auslastung war 2014 der Beitrag von Flugzeugen zum Klimawandel je Personenkilometer deutlich höher als bei anderen Verkehrsmitteln: umgerechnet in CO2-Emissionen gegenüber Reisebussen und der Bahn mehr als fünfmal so hoch. Der Verbrauch an Primärenergie in Litern pro Person betrug mehr als das Doppelte.» Die Kondensstreifen, die den Himmel einnebeln, haben es eindeutig in sich.
Und welche Auswirkungen haben eigentlich die im Kerosin enthaltenen Schadstoffe wie Benzol, Antikorrosionsmittel, Kohlen- und Stickoxide? Im «Spiegel» 5/2018 beruhigt Robert Sausen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Selbst wenn in großen Mengen abgelassen werde, um für die Landung Gewicht zu verlieren, werde das Kerosin «fein zerstäubt und verwirbelt. Der größte Teil davon verdunste rasch und sei unmittelbar in der Atmosphäre nicht schädlich. (…) Was am Ende unten ankomme, lande mit großer Wahrscheinlichkeit dann nicht direkt unterhalb der Flugroute, sondern, je nach Wind, oft sehr weit entfernt. (…) Genaueres können die Experten nicht sagen. Die Zahl der belastbaren Studien zu dem Thema sei sehr dünn.» Sie sollen zudem laut Sausen oft auf Experimenten aus den 1950er Jahren beruhen! Man weiß also nicht, wo und wieviel auf dem Boden landet.
Es geschieht erstaunlich wenig, um diese Wissenslücken zu schließen. Immerhin wird die Kritik lauter. Vor allem Umweltverbände wie der WWF und der deutsche Naturschutzbund fordern die Einführung einer Steuer auf Flugtreibstoff. Abgesehen von den Niederlanden wird in der ganzen EU keine Kerosinbesteuerung eingefordert, und die Schweiz macht in dieser Beziehung aus Konkurrenzgründen keine Ausnahme.
Geht’s um den Schadstoffausstoß von Autos, wird eine härtere Gangart eingeschlagen. Auf den Straßen spielen die Kosten der Benutzer offenbar eine weit weniger wichtige Rolle als in der Luft.

PS: Dass aus Insekten trendige Nahrungsmittel hergestellt werden können, ist bekannt. Neu hingegen ist die Produktion von Kerosin und Diesel aus den Fetten von Insektenlarven. Die Firma Hermetia aus Baruth (D) plant zudem, aus Soldatenfliegen Rohstoffe für die Futtermittel-, Kosmetik-, Pharma- und Energieindustrie zu entwickeln. Vorgestellt haben die Forscher ihre ehrgeizigen Projekte im September an der «Insecta 2017» in Berlin.

 

 

 

SIE EROBERN DIE STÄDTE

Auch in der Ardèche ist dieser Sommer ausgesprochen heiß und lähmend. Es regnet kaum, Teiche und Bäche trocknen aus, und die Flüsse sind stellenweise zu Rinnsalen geschrumpft. Die Feuerwehr ist in erhöhter Alarmbereitschaft, da jeder weggeschmissene Zigarettenstummel einen Waldbrand auslösen kann. Mitte August sehen die Wälder bereits sehr herbstlich aus: Zahlreiche Laubbäume sind verdorrt, und die von den Buchsbaumzünslern heimgesuchten Büsche vermitteln ein tristes Bild. Die großen Ferien neigen sich dem Ende zu, und man versucht, sich von der Bruthitze nicht unterkriegen zu lassen. Zum Beispiel, indem man auf eine der vielen Restaurantterrassen flüchtet.

«Ich liebe Bienen, aber…»
In Privas, dem Hauptort des Departements Ardèche, ist man allerdings auch dort nicht mehr sicher. Seit Anfang August werden die Terrassen im Stadtzentrum täglich ab elf Uhr bis zum Einbruch der Dämmerung von Bienenschwärmen heimgesucht. Sobald etwas Zuckerhaltiges auf den Tisch kommt, sei dies ein Süßgetränk, eine Glace oder ein Kaffee, stürzen sie sich darauf. Die Wirte versuchen, die ungebetenen Gäste mit den verschiedensten Mitteln wie Gewürznelken, ätherischen Ölen oder Sirup auf den Tischen und unter den Bäumen abzulenken. Mehr oder weniger vergeblich. Gäste und Mitarbeiter werden gestochen, und wer allergisch ist, hat Pech gehabt. Genauso wie die Kinder, die auf Bienengift ebenfalls empfindlich reagieren…

Die betroffenen Restaurateure sind verzweifelt. Einer meint sogar: «Man muss eine Petition unterzeichnen. Ich liebe Bienen und bin mir bewusst, dass man sie nicht töten sollte. Aber jetzt reicht es, wir halten es nicht mehr aus!» Ein anderer ist mit den Nerven am Ende: «Ich öffne die Bar, und schon zehn Minuten später sind sie über alles hergefallen. Würde es sich um einen Bienenschwarm mit einer jungen Königin handeln, wäre es nicht so schlimm, den könnte ein Imker einfangen. Doch hier sind es einfach ausgehungerte Arbeitsbienen, und das ist ein echtes Problem.»

Dieser Meinung ist auch der Imker Denis Barbier. Er erklärt das Phänomen der «Stadtbienen» mit dem Wassermangel, der Bruthitze und vor allem dem Mangel an Blumen. Normalerweise entferne sich eine Biene nie weiter als drei Kilometer von ihrem Stock. Weiter fliege sie nur, wenn sie ausgehungert sei. «Die Besitzer ernähren sie offensichtlich jetzt im Sommer nicht, so dass sie auf der Suche nach Nahrung sind. Es ist aber auch möglich, dass es sich um Bienen von Völkern handelt, die auf den Hausdächern oder Balkonen gehalten werden.» Und was kann man nun dagegen tun? Denis Barbier insistiert: «Vor allem soll man sie nicht töten, sondern es mit Sirup gefüllten Schalen versuchen, die man genügend weit von den Tischen entfernt plaziert.» Denn ohne diese Bestäuber gebe es auch keine Früchte und Gemüse mehr. Das wäre eine Katastrophe. Dann müssten wie in China Hunderte von «Menschen-Bienen» mit Pinseln Blüte um Blüte bestäuben. Zu den Nützlingen unter den Bestäubern gehören übrigens nicht nur die Bienen, sondern auch die Hummeln sowie die ungeliebten Wespen und Hornissen, deren Nester deshalb nur im Notfall vernichtet werden sollten.

Zikaden-Sound in der City
Jetzt kommt eine positive Nachricht: Auch die Singzikaden erobern die Städte. Und dies nicht nur in der Provence, die als deren legendäre Heimat gilt. Sie kommen in mehreren Unterarten in ganz Frankreich und selbstverständlich auch in den übrigen südlichen Ländern Europas sowie in den wärmeren Gegenden der Schweiz, Deutschlands und Österreichs vor. Wieso zieht es Zikaden vom Land in die urbanen Lebensräume? Joseph Jacquin-Porretaz, Biologe und Direktor des Insektenzentrums Naturoptère in Sérignan-du-Comtat (von dieser Institution war bereits in einem früheren Blog in Zusammenhang mit Jean-Henri Fabre die Rede), erklärt sich dieses Phänomen folgendermaßen: Erstens würden weniger Pestizide verwendet, und zweitens gebe es in den Städten mehr und mehr Grünzonen.

Extreme Sommerhitze kann sich allerdings auch auf die Zikadenpopulationen des Südens negativ auswirken. Die Larven leben ein bis mehrere Jahre lang im Boden (den Weltrekord hält die im Nordosten der USA lebende Art Magicicada septendecim mit sagenhaften 17 Jahren). Dem Vollinsekt bleiben dann nur noch drei bis vier Wochen, um sich fortzupflanzen. Laut dem Experten Jacquin-Porretaz wird es in den nächsten Jahren viel weniger Zikaden geben, da sie sich wegen der Trockenheit nicht entwickeln konnten. Ganz abgesehen von den Waldbränden, bei denen die Humusschicht samt den darin lebenden Larven verbrannt wird. (Quelle: «Le Dauphiné libéré» vom 9. und 15. August 2017).

Und wo bleibt die Nachtigall?
Der «Gesang» der Zikaden, eigentlich ist es ein Trommeln, wird also seltener. Genauso wie der wunderschöne Gesang der Nachtigall, die im Vallée de l’Eyrieux noch bis vor wenigen Jahren entlang dem Fluss zu hören war. Ihr Verschwinden wird auch vom deutschen Naturschutzbund beklagt. Der NABU führt den Rückgang auf den Verlust von Brutmöglichkeiten zurück. Da die «Königin der Nacht» vorwiegend von Insekten, Larven und Spinnen lebt, könnte meiner Meinung nach nicht zuletzt auch Nahrungsmangel eine Ursache dafür sein.

 

 

 

WAHNSINN WINDKRAFT

Die Franzosen haben gewählt. Die meisten aus dem linken Lager haben sich zähneknirschend für Macron entschieden, so auch in unserem Freundes- und Bekanntenkreis. Fast wäre es ihnen lieber gewesen, mit einem sozialistischen Kapitän ihr Wirtschaftsboot kentern zu lassen, als das Steuer einem Ex-Banker zu übergeben, mag er noch so clever, sympathisch und gutaussehend sein. Zum Glück hat die Vernunft schließlich doch gesiegt, und der FN-Kelch ist – wenigstens die nächsten fünf Jahre – an uns vorbeigegangen…

Windräder um jeden Preis?
Den Schweizern steht am 21. Mai ein Urnengang bevor, der es ebenfalls in sich hat. Das Energie-Paket 2050, über das abgestimmt wird, enthält bestimmt einige positive Aspekte. Dazu gehört jedoch der vorgesehene massive Ausbau der Windenergie meiner Meinung nach eindeutig nicht. Für einen vernachlässigbaren Anteil von je nach Quelle 2 bis 7% des gesamten Stromverbrauchs sollen bis zu 1000 Windräder unsere Landschaft verunstalten. «Elegant» findet Bundesrätin Leuthard diese bis zu 150 Meter hohen Rotoren. Ich kann mir denken, dass die meisten Menschen, die das Pech haben, in unmittelbarer Nähe eines Windparks zu wohnen, auf dieses ästhetische Geschenk gerne verzichten würden. Und sind sie einmal da, werden sie nicht so schnell wieder entfernt, denn der Abbau dieser Riesen ist nicht ganz einfach und geht ins Geld.

Erstaunlich ist, wie zurückhaltend die Schweizer Umweltorganisationen auf dieses Problem reagieren. Pro Natura, WWF, Greenpeace und sogar der Schweizer Vogelschutz/BirdLife Schweiz und die Stiftung Fledermausschutz propagieren die Ja-Parole oder schweigen zu diesem Thema. Und dies, obwohl die Nachteile gerade für die fliegende Tierwelt schwerwiegend sind. Nur ein paar Beispiele:

– In Deutschland sollen jedes Jahr 12’000 Mäusebussarde in die Rotorblätter fliegen und getötet werden.

– Auch kleine Vögel, die nachts gegen Süden oder Norden ziehen, sind höchst gefährdet. Da Windparks auch auf Alpenpässen stehen oder geplant sind, über die der Vogelzug stattfindet, sind das regelrechte Todesfallen. Laut einer Hochrechnung auf der Basis einer Studie der Vogelwarte Sempach können 1000 Windturbinen pro Jahr 40’000 bis 100’000 Vögel erschlagen.

– Vögel brüten im Bereich von Windparks nicht und nutzen deren Umfeld laut einem Bericht der Vogelwarte allgemein weniger: «Solche Stresssituationen können bei Wintergästen oder rastenden Zugvögeln zu einer physischen Schwächung führen, was geringere Überlebenschancen haben könnte.»

– Fledermäuse werden häufig von Windrädern erschlagen, ihr Radarsystem schützt sie offenbar nicht (immer) davor. Der Grund dafür, dass sie in der Nähe der Windturbinen jagen, sollen die Insektenschwärme sein, die von deren Wärme angezogen werden. Zur Erinnerung: Alle Fledermäuse sind in der Schweiz geschützt.

– Imker berichten, dass sich ihre Bienen im Bereich von Windparks «gestört» verhalten und wenig oder gar keine Pollen einbringen. Auch Wildbienen sollen Gebiete meiden, die von Windrädern beeinflusst sind.

Außerdem: Für ein Windrad, dessen Statik nach zwanzig Jahren ausgedient hat, werden 1500 Tonnen Beton und 900 Tonnen Stahl verbaut. Kostenpunkt: 5 bis 7 Mio. CHF. Dazu kommt der Abbruch. Wo bleibt da die Wirtschaftlichkeit und die Rechnung mit der grauen Energie?

Direkte Demokratie adieu!
In den älteren und jüngeren Stellungnahmen der Umweltorganisationen wird immer wieder betont, dass «auf Windräder in naturnahen Gebieten verzichtet werden soll» (BirdLife). Doch was ist eigentlich naturnah? Gilt das bloß für Naturschutzgebiete oder auch für Landschaften, die man einfach als schön und natürlich empfindet? Dann wären Alpenpässe, Jurahöhen, Flusstäler und Weideland mit Hecken und alten Obstbäumen für Windpärke tabu. Und in der Nähe von Siedlungen möchte man sie ja bekanntlich auch nicht haben, vor allem wenn man selbst dort wohnt.

Auf der Anhöhe über dem Dorf Gluiras in der Ardèche sollte ein Windpark errichtet und damit auch die Gemeindekasse gefüllt werden. Eine Schweizerin, die seit längerem dort lebt, kämpfte gegen dieses Projekt und überzeugte schließlich die Mehrheit der Einwohner. Fazit: Der Windpark wurde an der Urne abgelehnt, die sanften Hügel bleiben ein Paradies für Ziegen und Schafe.

Diese Möglichkeit haben wir Schweizer, die wir uns so gerne unserer einzigartigen direkten Demokratie rühmen, nach der Annahme der Energiestrategie 2050 nicht mehr. Falls der Bund den Nachweis erbringen kann oder will, dass es einen Windpark braucht, ist dieses Instrument wirkungslos. Elias Meier, Präsident des Verbands Freie Landschaft Schweiz (www.freie-landschaft.ch): «In der Realität heißt das, dass die Anwohner kaum mehr Einsprache erheben können, wenn sie sich gegen ein geplantes Projekt wehren wollen.» Er ist 21 und hat sich durch seinen Kampf gegen die Umweltzerstörung durch Windräder einen Namen gemacht. Er und die kommenden Generationen müssen mit und in einer Schweiz leben, die durch Kurzsichtigkeit oder auch Geldgier entstellt wurde. Wollen wir das? Können wir das verantworten?

 

AUF DEN HONIG-ROUTEN

 

41 ZiegeDas Dorf mit dem sperrigen Namen Saint-Michel-de-Chabrillanoux liegt in schöner Aussichtslage über dem Eyrieux-Tal in der Ardèche. Es ist bekannt für sein Open-Air-Festival Mitte Juli, das dieses Jahr zum 41. Mal stattfindet, seine mächtige, 1848 gepflanzte Friedens-Ulme und seine zahlreichen alternativ-grünen Bewohner, die hier die Nestwärme von Gleichgesinnten suchen. Und dann gibt es noch eine katholische Kirche und einen protestantischen Temple, die betont weit voneinander entfernt an den Dorfrändern stehen. Anlässlich des Fests fand bei den Katholiken eine Ausstellung mit Fotos der schönsten Dörfer der Ardèche und bei den Protestanten eine zum Thema Bienen statt. Diese Ausstellung war enttäuschend, das neuste Buch des Fotografen hingegen war eine Entdeckung!

41 Platz St-MichelHausfotograf der Bienen
Eric Tourneret, Jahrgang 1965, reist seit über zehn Jahren durch die ganze Welt, um Bienen, Honigsammler und Imker zu fotografieren und zu filmen. Er zählt zu den Prominenten seines Metiers, ist unter anderem für Paris Match, Figaro und Geo tätig, wohnt, wenn er nicht unterwegs ist, mit seiner Familie mitten im Departementshauptort Privas und widmet sich seinen neun Bienenstöcken, die auf einer Wiese am Stadtrand stehen. Im September 2015 ist sein neustes Buch zu diesem Thema mit dem Titel «Les Routes du Miel» erschienen. Es ist ein in jeder Beziehung schwergewichtiges Werk: 352 Seiten mit durchgehend farbigen Fotografien und Texten von ihm und seiner Frau, Sylla de Saint Pierre, sowie von namhaften Experten. Der Preis von 45 Euro ist für dieses 3 Kilogramm schwere, großformatige und großartige Buch bestimmt nicht zu hoch. Es ist unvorstellbar, dass es nicht nächstens in einer deutschen Übersetzung (die ich sehr gerne übernehmen würde!) erscheinen wird.

41 CoverDas Faszinierende an diesem Bildband ist, dass er sich nicht ausschließlich mit den Honigbienen beschäftigt, sondern auch oder sogar vorwiegend mit den Menschen, die sich dem Honig verschrieben haben. Die Reise führt in 23 Länder sowie die Großstädte Paris, New York, London und Berlin. Sie beginnt in China, wo Frauen die Rolle der Bestäuberinnen auf den Obstbaumplantagen übernehmen. Weiter geht’s in die USA, nach Arizona, wo fahrende Imker die Mandelbaumwälder besuchen und wegen der Pestizide bei ihren Bienenvölkern große Verluste in Kauf nehmen müssen. Bei den Pygmäen des Kongos tauchen wir in die so ganz andere Welt der Honigsammler im Urwald ein. Man erfährt nicht nur, wie sie es schaffen, in schwindelerregender Höhe den begehrten Nektar zu gewinnen, sondern nimmt auch an ihrem Familienleben teil. In Indien klettern Angehörige der Kaste der Unberührbaren an Felswänden hoch, wo die asiatische Riesenbiene Apis dorsata Kolonien bildet und sich vehement gegen Räuber wehrt.

Eric Tourneret
Eric Tourneret

Für solche Aufnahmen griff der Fotograf nicht zum Teleobjektiv, sondern schwang sich selbst in die Höhe und wurde ebenfalls heftig attackiert… Seine Frau erinnert sich, dass ihr Eric in Nepal bei strömendem Regen auf 80 Metern über dem Boden in einer Hängeleiter baumelte, umschwärmt von Hunderten von Bienen, und seine Höhenangst vergaß, weil er nur eines im Sinn hatte: dieses atemberaubenden Erlebnis in guten Aufnahmen zu dokumentieren.

Intelligenter als der Mensch
Atemberaubend sind auch die außergewöhnlichen Aufnahmen von Bienen aus ungewohnten Perspektiven. Dank dem unerschrockenen Franzosen erhält man Einblicke, die selbst Bienenkenner überraschen. Ganz abgesehen von den zahlreichen Arten, die den meisten unbekannt sein dürften und die manchmal auf den ersten Blick nicht unbedingt als Bienen erkennbar sind. Ein Beispiel ist die knallgrüne Euglossa hemichlora, eine Art aus Panama, deren Sozialleben an ein Shakespeare-Drama erinnert. Oder die längs schwarz-gelb gestreifte, stachellose Paratrigona ornaticeps, die in Panama in Baumstrünken lebt. Zudem gibt es auch Ameisen, die Honig produzieren (Bild links). 41 Ameisen Dramatische Bilder lieferte der Kampf der Honigbienen gegen die Asiatische Riesenhornisse, einen wahren Goliath, während der Angriff der Varroa-Milbe auf eine Bienenlarve dank dem Makro aus nächster Nähe beobachtet werden kann. Und vieles, sehr vieles mehr…

Eric Tourneret will auch weiterhin die Geheimnisse der Bienen ergründen und seine Mitmenschen mit faszinierenden Fotografien und Berichten überzeugen, dass sich der Einsatz für diese vielfältige Insektengruppe lohnt. Geplant ist ein Film mit noch nie dagewesenen Makro- und Mikroaufnahmen. Und wenn der Sommer zu Ende ist, reist er nach Argentinien und Chile, um seine Begegnungen mit Bienen und Bienenmenschen zu vertiefen. Sie sind sein Credo, sein Lebensinhalt. Seiner Meinung nach verfügen diese magischen Wesen über eine höhere Intelligenz als der Mensch: «Die Bienen produzieren keine Abfälle. Noch besser: Sie konstruieren ihre Materialien selbst und sind außerdem schon viel länger auf der Erde als wir.» Seit mindestens 75 Millionen Jahren, nach der Datierung der ältesten bekannten fossilen Biene zu schließen, die in Bernstein eingebettet im US-Staat New Jersey gefunden worden war: Cretotrigona prisca sammelte übrigens bereits Honig für ihren Nachwuchs.

Eric Tourneret – Sylla de Saint Pierre, Les Routes du Miel, Editions Hozhoni 2015

 

 

 

 

 

 

LUXUSBIENEN

In den letzten Ja36 baur au lac terrassehrzehnten hatten Imker ein wenig das Image verschrobener Einzelgänger, die sich in seltsamen Gewändern und Pfeife paffend ihrem riskanten Hobby widmen. Dieses Bild hat sich radikal verändert, jedenfalls wenn man sich in ultraurbanen Kreisen umhört. Hier gehört die Bienenzucht zum exklusiven Lifestyle, genauso wie vegane Restaurants und Fastfood-Läden oder Strickkurse für Männer. Bienen scheinen zu einem Sinnbild des bedrohten ökologischen Gleichgewichts zu werden.

Honey made in Zurich
Das Hotel Baur au Lac wird vom GaultMillau als «Zürichs nobelste Adresse» bezeichnet: «Eine Oase der Ruhe und des Luxus. Riesiger Park mit Kunstausstellungen.» Im 1844 gegründeten Fünfsternehaus residierte sozusagen alles, was Rang und Namen hat, und die Business-Elite trifft sich auf der lauschigen, dem See zugewandten Terrasse im Grünen gerne zum Lunch. Und nun das: Das «Baur au Lac» ist unter die Imker gegangen!  36 Bienenhaus-Baur-au-Lac-Blumen-630x400 Am 22. April 2016 verkündet das Luxushotel in seinem Blog stolz: «Seit heute zählt das ‹Baur au Lac› vier Bienenvölker zu seinen neuen Bewohnern. Unsere Bienen heißen Apis mellifera carnica, eine sanftmütige Unterart der Westlichen Honigbiene. Jedes unserer Bienenvölker zählt zu Beginn rund 20 000 Bienen, eine Königin und 1000 männliche Bienen (Drohnen), wobei das Bienenvolk täglich wächst. Schon seit den Zeiten namhafter Adliger wie Kaiserin Sissi oder Kaiser Wilhelm II. logieren königliche Delegationen im ‹Baur au Lac›, nun wird diese Tradition fortgesetzt.» Die über 80 000 Bienen bewohnen ein würdiges Bienenhaus mitten im Park mit Blick auf den Zürichsee. 36 Bienen-Welcome-Home-zwei-630x400Sie sind jedoch nicht zur Erholung hier, sondern zum Arbeiten: «Ab diesem Sommer, nach der ersten Ernte, genießen die Gäste unseren ersten eigenen Honig im Frühstücksbüffet oder können ihn am Kiosk zum Mitnehmen erwerben. Stadthonig genießt den Ruf, weniger Pestizide und Fungizide zu enthalten, und auch die Vielfalt der Blüten in der Stadt, im Gegensatz zu vielen Monokulturen auf dem Land, gibt ihm einen variantenreichen, besonderen Geschmack. Als erstes Hotel in Zürich sind wir stolz darauf, unsere ersten Mitarbeiter in schwarz-gelben Uniformen zu begrüßen.» Weitere Berichte über dieses Abenteuer werden versprochen unter www.bauraulac.ch.

36 Stadtimker 2Vom «Baur au Lac» ist es nicht weit zur Bahnhofstraße 31, wo sich das 1760 gegründete Uhrengeschäft Beyer Chronometrie befindet. Edlen Zeitmesser sind die Passion von Patron René Beyer. Doch jetzt hat er eine neue Leidenschaft entdeckt: die Imkerei. Auf dem Dach des Gebäudes stehen zehn Bienenhäuschen mit je ungefähr 5000 Arbeiterinnen. Am 2. Juni herrscht beim Uhrenverkäufer Hochstimmung: «Unsere Beyer-Bienen waren sehr fleißig und haben viel Honig eingetragen. Der alte botanische Garten ist eine gute Bezugsquelle und verleiht dem Honig einen blumigen Geschmack. Wir durften über 100 kg Honig ernten. Dies ist eine große Menge, und wir sind sehr zufrieden mit unseren Bienen.» Die Ernte wird in hübsche Gläser abgefüllt und als Kundengeschenk in alle Welt verschickt: More Than Honey aus Zürichs Bankenviertel. www.beyer-ch.com

Pariser Honig-Chic
Frankreich hat momentan so viel um die Ohren – Streiks, Überschwemmungen und die Angst vor neuen Terroranschlägen während der Fußball-EM36 Imker Eifelturm –, dass das Thema Stadtimkerei eher deplaziert scheint. Trotzdem berichtet das Magazin L’Obs über die neue Honig-Passion, die Paris gepackt hat. Kein großes Hotel der Stadt an der Seine, das keinen eigenen Bienenstock pflegt. Das «Marriott Champs-Elysées» produziert seit vergangenem Jahr seinen eigenen Blütennektar und bietet Patenschaften für Bienenvölker an; auf dem Dach der Fünfsternehotels Scribe und Mandarin Oriental wird ebenfalls geimkert.36 miel factory eingang

Die erste Honigboutique, die Miel Factory an der Rue de Sévigné, in bester Lage im Stadtteil Marais beim Musée Carnavalet, gleicht einem goldenen Bienenstock und bietet laut Eigenwerbung 26 der exklusivsten Honigsorten aus aller Welt an.

Kennen Sie Alexandre Stern? Ich bis heute auch nicht. Der gepflegte junge Mann mit dem ernsten Blick ist jedoch der Star am französischen Gourmet-Himmel, ein Honig-Designer, der für die bekanntesten Küchenchefs und Hotels kreativ tätig ist, indem er die Produkte seiner Wahl wie Weine oder Parfüms «assembliert». Um die allerbeste Ware aufzustöbern, reist er rund um den Globus, bis nach Nepal, Thailand oder Neuseeland.

So ein Töpfchen kann dann leicht 30 Euro pro 100 Gramm kosten. Der «Önologe des Honigs» mit seiner eleganten Boutique im besten Pariser Einkaufsviertel scheint dennoch keine Absatzschwierigkeiten zu haben. Siehe unter www.alexandrestern.net.36 Alexandre Stern

Mehrere weitere Pariser Läden preisen Honig mit dem Wortschatz edler Weine an, führen Degustationskurse durch und stellen «thematische Koffer» zusammen, die den Kunden ins Haus geliefert werden. Mehr, viel mehr unter: www.unitedstatesofparis.com. Douce France, honigsüßes Paris…

BESTÄUBER IM STREIK?

SaillonLetzte Woche war das Wetter endlich so, wie man sich den Frühling bei uns vorstellt: milde Temperaturen über 20 Grad und blauer Himmel. Zeit, um mit Freunden aus dem Waadtland den lange versprochenen Ausflug zu machen. Die Steppjacken konnte man getrost zu Hause und den Tisch im Restaurant Poste im mittelalterlichen Saillon draußen reservieren lassen. Nach dem Spaziergang zum kuriosen Farinet-Weinberg, zur Burgruine und zur Kirche mit ihrem gepflegten Kräutergarten und dem Mittagessen ging’s ins Dörfchen Charrat, das für seine Adonisröschen berühmt ist, die in der Schweiz nur im Unterwallis vorkommen.

Viele Zweibeiner…
… aber erstaunlich wenige Zweiflügler sind auf den Hügeln über Charrat unterwegs. Die Adonisröschen bilden in der kargen Trockensteppe goldgelbe Polster, die allseits bewundert und fotografiert werden. Manche Blumenfreunde reisen dafür jedes Jahr von weither an, und wenn es das Wetter erlaubt, findet im April jeweils ein Adonis-Fest statt (dieses Jahr fiel es buchstäblich ins Wasser, da es sozusagen jedes Wochenende regnete). Aber wie gesagt, Bienen entdeckten wir in diesem Blumenparadies keine, auch keine Hummeln oder Schmetterlinge, obschon es mindestens 22 Grad und windstill war. Ist das normal?Adonis 1

Schopf 2Am Tag zuvor hatten wir die übliche Montorge-Umrundung etwas ausgedehnt und stiegen zur Burgruine hinauf. Die Aussicht ins Rhonetal und in die verschneiten Berge war traumhaft. Das fanden auch die beiden älteren Damen (noch etwas älter als wir…), die ebenfalls zur Madonna gewandert waren. Unterhalb der Statue blüht ein dichter Pulk von Schopfigen Bisamhyazinthen (in Italien gelten die Lampascioni genannten Zwiebeln dieser blauen Weinbergblume übrigens als Delikatesse). An der steilen Südflanke des Montorge ist sie häufig, so schön wie hier auf dem Gipfel habe ich sie allerdings noch nie gesehen. Und das Größte: Sie wurden von zahlreichen Schmetterlingen in allen Farben umtanzt! Das begeisterte uns so sehr, dass das Fotografieren vergessen wurde. Auch die Bernerinnen waren entzückt: So viele Falter auf einmal hätten sie schon lange nicht mehr gesehen. Vollbrachte die Madonna das Wunder? Denn sonst bleibt es in den Bäumen und Sträuchern, die voll in Blüte stehen, erschreckend still, kaum ein Brummen und Summen ist zu hören.

BienenEin Anwalt der Bienen
Professor Dr. Peter Neumann, 1967 geboren, hat sich beruflich einem Nutztier verschrieben, das immer mehr Bedeutung gewinnt. Der Deutsche leitet das 2013 gegründete Institut für Bienengesundheit an der Uni Bern und ist Präsident eines internationalen Netzwerks von 600 Forschern in 80 Ländern, die sich um die Zukunft der Honig- und Wildbienen sorgen. In einer 3sat-Sendung vom 22. Februar 2016 lässt er keine Zweifel daran, dass Neonicotinoide Honigbienen und anderen wildlebenden Insekten wie Motten und Schmetterlinge grundsätzlich schaden. Er stützt sich dabei auf eine umfassende Studie, die der EU-Kommission als Grundlage zur künftigen Regelung dienen soll.

Für Bayer und Syngenta, die beiden wichtigsten Produzenten dieser Pflanzenschutzmittel, ist dieses Ergebnis ein Tiefschlag, den sie nicht so einfach hinnehmen. Reaktionen vermeintlich unabhängiger Experten im Bereich Landwirtschaft , Biologie, Umwelt usw., zum Beispiel in der neuen Ausgabe von «Science & pseudo-sciences» Nr. 316, zeigen, dass oft mit verdeckten Karten gespielt wird. Die Wissenschaftlichkeit dient nicht selten als Vorwand, um die Auswirkungen der Pestizide zu verharmlosen und die Gegenseite als fanatische Ideologen zu verunglimpfen. Peter Neumann: «Es gibt einen Kleinkrieg mit der Industrie, die den schädlichen Einfluss einzelner Stoffe gerne geringer veranschlagen würde.» Rasches Handeln sei jedoch angesagt, weshalb er jahrelanges Forschen und Diskutieren über die Folgen der einzelnen Substanzen ablehnt. NeumannEr bleibt jedoch pragmatisch: «Extremforderungen führen zu nichts. Man muss den Ertrag, den man auf einer landwirtschaftlichen Fläche erzielen will, in ein Verhältnis setzen zum Schaden, den man nützlichen Insekten zufügt.» Beim Raps könne man wahrscheinlich nicht auf den Einsatz von Pestiziden verzichten, beim Mais jedoch schon. Die chemische Keule sollte seiner Meinung nach zum letzten Mittel werden.

30 Jahre nach Tschernobyl

WolfHeute, am 26. April 2016, ist es genau drei Jahrzehnte her, seit der Reaktor in der Ukraine explodierte. Das Kerngebiet ist nach wie vor verseucht, was sich auch auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirkt. In der Gegend um Tschernobyl ging nicht nur die Vielfalt der Vögel zurück, sie haben auch kleinere Gehirne als solche, die in nicht verstrahlten Gebieten leben. Und es gibt hier auch heute noch deutlich weniger Spinnen und Insekten wie Bienen, Schmetterlinge, Heuschrecken und Libellen als in anderen vergleichbaren Gegenden. Dafür seien die Großen Vier – Wolf, Bär, Luchs und Hirsch – auf dem Vormarsch. Über ihren Gesundheitszustand ist allerdings noch keine Studie gemacht worden.

Quellen: Interview mit Peter Neumann im «Bund» vom 17.10.2015 (auch im Interet) und Bericht über Neonicotinoide unter www.3sat.de

 

DIVERSES AUS DEM HEXAGON

Die Osterzeit in der Ardèche war ziemlich wetterwendisch. Der Karfreitag, hier ein beinahe normaler Arbeitstag, war grau und feucht, am Samstag wurde es dann frühlingshaft warm mit strahlendblauem Himmel, am Ostersonntag regnete es wiederum heftig, und die folgenden Tage waren ebenfalls vorwiegend nasskalt. Das bietet Gelegenheit, in Zeitungen, Magazinen und im Internet nachzuschauen, was sich in Frankreich und der übrigen Welt in Sachen Insekten und Naturschutz tut…

Pfirsich2

Pestizide, Demos und Bienenmedizin
Die Tageszeitung «Le Dauphiné libéré» bietet ihrer Leserschaft jeden Tag die Möglichkeit, zu einem aktuellen Thema via Internet mit Ja oder Nein Stellung zu nehmen. Am Samstag, 2. April, reagierten 6600 Personen auf die Frage: «Werden Sie darauf verzichten, chemische Unkrautvernichtungsmittel zu benutzen?» 64% waren dafür, 36% dagegen. Eine klare Mehrheit wäre also bereit, von Hand oder mit alternativen Mitteln gegen die sogenannten Mitkräuter vorzugehen. Am Vortag lautete die Frage: «Soll die Regierung auf die Demonstrationen gegen das neue Arbeitsrecht eingehen?» Diesmal antworteten 8751 Personen, und das Verhältnis war genau umgekehrt: 36% stimmten dafür und 64% dagegen. Die meisten Leserinnen und Leser des bunten Blattes sind demnach mit den Millionen, die in den vergangenen Tagen vor allem gegen die von der linken Regierung vorgeschlagenen längeren Arbeitszeiten auf die Straße gingen, nicht ganz einverstanden. Die Demos erinnerten denn auch eher an ein fröhliches Volksfest für die Jungen, die für die Umzüge teilweise schulfrei kriegten.

220px-Propolis_in_beehives - KopieDas Glück liegt laut Professor Henri Joyeux sowieso in den Bienenstöcken und nicht auf der Straße. In derselben Nummer preist der Krebsforscher die wohltuende Wirkung von Honig, Propolis, Gelée Royale, Pollen und sogar dem Gift der Bienen. Er kämpft seit Jahren gegen die Windmühlen der Pharmaindustrie, die nur ans Geld denke. Er empfiehlt Honig nicht nur als Wundheilmittel, sondern unter vielem anderem auch als Schlafmittel und Antidepressivum. Kein Wunder, ist der Professor, der mit Bienenfleiß zahlreiche Bücher zum Thema Alternativmedizin geschrieben hat, bei seinen Berufskollegen nicht allseits beliebt.

Bienen haben wir übrigens bisher auch bei schönem Wetter sozusagen keine gesichtet, obwohl es im Eyrieux-Tal in allen Farben blüht. Man fragt sich, wie die zahlreichen Pfirsichbäume bestäubt werden, ob wohl der Wind diese Arbeit erledigt. Auch überwinternde Schmetterlinge, die ebenfalls Pollen übertragen können, sieht man erstaunlich selten.

Escrinet ganzer textVögel zählen und füttern
Auf dem Col de l’Escrinet werden momentan die Zugvögel gezählt. Der Pass ist einer der drei wichtigsten Vogelzug-Beobachtungsstandorte in Frankreich. Die Witterung meint es allerdings momentan nicht gut mit den Ornithologen, die vom 10. Februar bis zum 15. April tagtäglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hier ausharren. An den Wochenenden ist der niedrige Pass (787 m) zwischen Privas und Aubenas ein Treffpunkt von Vogelfreunden, von denen manche für dieses Ereignis von weit her anreisen. Die Ergebnisse der letzten Jahre sind unter www.migraction.net nachzulesen.Leute mit Fernrohren

Weiter südlich, zwischen Lagorce und Gras, in der Nähe der beeindruckenden Schluchten der Ardèche unterhalb von Vallon-Pont-d’Arc, bereitet sich der französische Vogelschutz(Ligue pour la protection des oiseaux) auf die – erhoffte – Rückkehr von drei Schmutzgeierpaaren aus dem Süden vor, die in den Felsen des Massivs der Dent de Rez nisten werden. Sie brauchen jedoch Unterstützung. SchmutzgeierpaarWeil die Bauern die Schlachtabfälle und Totgeburten ihrer Tiere in der EU nicht mehr in der Natur entsorgen dürfen, leiden Aasfresser wie die Geier unter Nahrungsmangel. Im Dezember 1981 wurden die ersten Gänsegeierpaare über der Jonte-Schlucht ausgewildert. Weitere folgten, und allmählich begannen sie auch zu brüten, so dass der Bestand in den Cevennen bis heute auf ungefähr 900 Vögel angewachsen ist. Außerdem gibt es in den Cevennen etwa 80 Mönchsgeier und einige Bartgeier, die 2012 ausgewildert wurden. Ohne Zufütterung würden die Bestände rapid zurückgMönchsgeier-Cevennen (2)ehen. Die drei Plätze, auf denen regelmäßig Schlachtabfälle und ganze Kadaver ausgelegt werden, bleiben geheim und sind mit Fotofallen bestückt.

Doch zurück zur Landwirtschaft. Die Französische Vereinigung für wissenschaftliche Information (AFIS) hat ihr neustes Heft den Pestiziden gewidmet. Auf 112 Seiten will die 1968 gegründete, honorige Zeitschrift das aktuelle und heikle Thema möglichst vorurteilslos angehen, wissenschaftlich eben. Das Dossier über Pestizide dieser Nummer wolle zur Information über die wirklichen Erkenntnisse beitragen, jenseits der industriellen und ideologischen Lobbys. Ich bin gespannt! Siehe: Science… & pseudo-sciences No 315, 2016. www.pseudo-sciences.org