BIENENFEST KONTRA KEROSIN

 

dsc01252Zuerst die gute Nachricht: Im Kanton Wallis ist die Imkerei im Aufwind, das Interesse der Jungen an der Bienenzucht ist in den letzten Jahren gestiegen. Die Organisatoren des Bienenfests «L’Abeille en fête», das vom 1. bis 4. September in Martigny stattfand, sind mehr als zufrieden. Schulklassen, Familien mit Kindern, aber auch ältere Semester begutachteten die über siebzig Stände mit Produkten aus der «Bienenwerkstatt» (Honig, Wachs, Propolis…), degustierten und kauften, machten sich bei den Fachleuten schlau, staunten, spielten, besuchten Vorträge, begutachteten die kunstvoll bemalten Bienenhäuschen und tauchten mit dem Film «Apis Mellifera» in eine Welt ein, die selbst gestandene Imkerinnen und Imker so noch nie gesehen haben.dsc01251

Bienen filmen in der Küche

Jean-Baptiste Moulin war Förster, ist Multimedienkünstler (siehe www.videalp.com) und imkert seit fünfzehn Jahren. Seinen ersten Film über Bienen drehte er 2003. 2006 folgte ein zweiter über die Ausbildung zum Bienenzüchter, 2010 der dritte über die Herstellung der diversen Produkte. Das geheimnisvolle Leben und Wirken dieser Insekten fasziniert ihn nach wie vor. Dieses Thema sei unerschöpflich, verlange jedoch eine Menge Geduld. In seinem neusten, 25 Minuten dauernden Epos rückt er seinen Pfleglingen noch näher auf den Leib, zeigt in Makroaufnahmen anatomische Details, schaut ihnen beim Füttern der Larven und Einbringen des Pollens zu.

promo_jb2Die intimen Einblicke entstanden einerseits in den Bienenstöcken, andererseits in einem kleinen Wohnwagen, den der Walliser mit vier Bienenvölkern bzw. über 120 000 Bienen als Schauspielern ausgestattet hatte. «Man muss erfinderisch sein, denn die Insekten dürfen nicht gestresst werden.» Er ging so weit, Situationen zu inszenieren, auf die die Bienen reagierten. Um ihr Verhalten noch genauer zu studieren und aufzuzeichnen, richtete er einen kleinen Stock mit ungefähr hundert Bienen in der heimischen Küche ein… (der Mann wird wohl Junggeselle sein). Der Aufwand hat sich offensichtlich gelohnt, die Zuschauer sind begeistert, und vielleicht spielt der eine oder die andere mit dem Gedanken, sich noch intensiver mit dem Universum von Apis mellifera zu beschäftigen.

Ungeachtet aller positiven Aspekte, die mit der Bienenzucht verbunden sind, wurden die Probleme auch an der Veranstaltung in Martigny nicht verschwiegen. Zur Bedrohung durch die Varroamilbe, Pestizide und den Kleinen Bienenstockkäfer gesellt sich wahrscheinlich früher oder später die Asiatische Hornisse, die bereits in fast ganz Frankreich verbreitet ist. Das soll jedoch die Jungen und weniger Jungen nicht von der Imkerei abhalten. Dank guter Ausbildung hofft man, auch diese Gefahren wenn nicht auszumerzen, so doch unter Kontrolle zu halten. Mehr unter www.labeilleenfete.chdsc01254

Ein Savoyarde kämpft fürs Insektenwohl

Jacques Fabry ist der festen Überzeugung, dass die Hauptverantwortlichen für den Insektenschwund nicht die Pestizide, sondern die Flugzeuge sind. Seit Jahren beobachtet er den Himmel, der vom rasant zunehmenden Flugverkehr vernebelt werde. Für Bienen wie alle andern Insekten sei dies eine Katastrophe, da sie sich auf ihren Flügen am Licht orientieren. Durch den Ausstoß von Kerosin, vermischt mit Schmutzpartikeln und Wasser, bilde sich ein nahezu permanenter Nebelschleier. Seit Jahren dokumentiert er diese Umweltverschmutzung mit Fotos und Videos, protokolliert seine Beobachtungen, stellt sie in seinen Blog (siehe www.over-blog.com) und klärt die Medien, Behörden und Wissenschaftler über seine Theorie auf. Die von ihm begründete «Avioklimatologie» sollte seiner Ansicht nach längst an Universitäten gelehrt werden.

jacques-fabry-avioclimatologue-estime-que-la-surmortalite-des-abeilles-est-du-a-la-pollution-atmospheriqueDer 64jährige Autodidakt hat die Auswirkungen dieses «Treibhausdachs» vor allem bei den Honigbienen studiert. «Sie sind vollständig desorientiert, torkeln wie betrunken durch die Luft, fliegen sinnlos im Kreis herum, überschlagen sich und finden ihren Stock nicht mehr.» Wegen des verschleierten Himmels nehme zudem die Produktion der Blütenpflanzen ab, was zu Nahrungsmangel der Pollensammler führe. All dies zusammen bedeutet: mehr Krankheiten, höhere Sterberaten, geringere Honigproduktion und schlechtere Bestäubung der Nutzpflanzen. Und wie löst man dieses Problem? «Es muss versucht werden, normale Lichtverhältnisse zu schaffen. Man muss neue Triebwerke entwickeln, die das Wasser auffangen, das sie ausstoßen.» Werde nichts unternommen, ende dies mit Sicherheit in einem weltweiten Desaster. Und bis jetzt habe er leider mit seinen diesbezüglichen Prophezeiungen immer recht gehabt…

PS: Zwei Forscherinnen der Uni Bern haben soeben bekanntgegeben, dass die Pflanzen bei Kunstlicht nachts von Insekten weniger bestäubt werden und selbst weniger Samen produzieren, als wenn sie ausschließlich vom Mond und den Sternen beschienen werden. Ich werde auf diese interessante Studie nächstens zurückkommen!

 

FRANKREICH HOLT MÄCHTIG AUF

44 L'Eyrieux_du_pont_de_Saint_Sauveur_de_MontagutWenn wir unseren Schweizer Besuchern  im Eyrieuxtal in der Ardèche vorschlagen, ein Bad im Fluss zu nehmen, reagieren sie meist misstrauisch. Gewiss, das Wasser ist nicht glasklar, und die Steine sind mit Algen überzogen. Aber wie steht’s mit der Reuβ, der Aare, dem Rhein oder der Rhone? Immerhin wird das Wasser des Eyrieux im Sommer zweimal im Monat auf seine Sauberkeit überprüft, und seit 1997 wacht das Syndicat Eyrieux Clair über den Fluss und sein Einzugsgebiet.

44 Einzugsgebiet EyrDazu gehört auch Aufklärungsarbeit bei Schülern und Erwachsenen, Kleingärtnern und Landwirten, Gewerbe und Industrie. Ein Beispiel: Am 16. Oktober finden in unserem Dorf im Rahmen der Fête de la Science 2016 unter dem Motto «Gärtnern ohne Pestizide ist möglich» verschiedene Anlässe mit dem Ziel statt, die Bevölkerung für den Gewässerschutz und die davon profitierenden Tiere zu sensibilisieren. Es sollen sich inzwischen sogar wieder einige Fischotter angesiedelt haben!

44 otterDas war nicht immer so: Noch vor fünfzehn, zwanzig Jahren gehörten Müllhalden sozusagen zum Landschaftsbild. Sie wurden von Zeit zu Zeit einfach angezündet, und dabei floss so einiges in den Fluss, das dort nicht hingehört. Heute stehen in jedem Quartier Container für die getrennte Abfallentsorgung zur Verfügung, und Kläranlagen reinigen das Abwasser. Mehr unter: www.eyrieux-clair.fr/

44 dephy bildNicht bio, aber besser als vorher
Seit 2008 gibt es «Dephy», ein Netzwerk von Landwirtschaftsbetrieben, denen es ein Anliegen ist, möglichst wenig Pestizide einzusetzen. In ganz Frankreich bemühen sich heute 1900 Mitglieder, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ein Minimum zu reduzieren. Im Süden sind es vor allem Wein- und Obstbauern, die sich von den Dephy-Fachleuten beraten lassen, um ein gutes Gleichgewicht zwischen Ertrag und Umweltschutz zu erreichen. Die meisten wollen zwar den Schritt zum biologischen Landbau nicht machen, suchen aber dennoch nach alternativen Möglichkeiten, mit denen sie und die Konsumenten besser leben können.

44 Dephy-beraterinDephy-Beraterinnen und -Berater begleiten die Landwirte und Winzer, mit denen es das Wetter dieses Jahr nicht besonders gut meinte. Maud Bonnefoux, die elf Weinbauern in der Südardèche berät, betrachtet die Pflanzenschutzmittel als eine Art Medikament, das mit groβem Fingerspitzengefühl eingesetzt werden muss. Um die richtige Dosierung zu finden, schätzt sie mit geübtem Blick die Menge des Blattwerks ein. Auβerdem werden zum Versprühen «hyper-technische» Geräte verwendet, die Millimeterarbeit leisten. Die Winzer sind zufrieden: Sie konnten ihren Pestizidverbrauch immerhin um ein bis zwei Drittel reduzieren. Und sie hoffen selbstverständlich, dass es noch besser wird.

Regional und saisonal
44 Ferme du Pin BesitzerAuf dem Bauernhof Le Pin bei Valence im Rhonetal ist seit acht Jahren Selbstbedienung Trumpf. Auf ihrer hervorragenden Internetsite www.lafermedupin.fr stellen Brigitte und Denis Cortial sich und ihren 4,5 Hektar groβen Garten ausführlich vor. Man erfährt dort, was wann geerntet werden kann, und wie das funktioniert. Beratung für Anfänger und das dazu benötigte Material stehen zur Verfügung; mit rund 30 Sorten ist die Auswahl an Gemüse und Beeren reich; und die Preise sind mehr als anständig, jedenfalls für Schweizer Verhältnisse. Auf Bestellung können zudem auch Hühner aus Freilaufhaltung und Eier gekauft werden.

44 Ferme du Pin KarettenUnd wie wird das alles produziert? Auf ihrer Homepage erklären die Cortails ihre Philosophie und ihre Methode(n) ausführlich. Demnach halten sie sich weitgehend an die Richtlinien der biologischen Landwirtschaft, wollen sich jedoch nicht durch ein Label in ein Korsett zwängen lassen. So wird ausschlieβlich von Hand oder maschinell gejätet, Herbizide und Insektizide werden nicht verwendet. Auch mit Fungiziden ist man zurückhaltend und setzt, falls nötig, nur die auch im Bio-Landbau erlaubte Bordeaux-Brühe auf Kupferbasis ein. Als Dünger kommen zu 95% organische Mittel auf die Felder, und die restlichen 5% Chemie seien für die Konsumenten unbedenklich. Ihr Motto lautet: Wir wollen möglichst natürlich und verantwortungsbewusst produzieren, aber nicht riskieren, die Ernte zu verlieren. Und wir legen groβen Wert auf Qualität und Geschmack.

44 Ferme du Pin WagenIhre Kundschaft dankt diesen Einsatz (sie arbeiten beide rund 70 Stunden pro Woche) mit Treue. Immer mehr Franzosen schätzen es, wenn sie wissen, woher die Nahrungsmittel stammen und wie sie hergestellt wurden. «Lokal» und «saisonal» ist ein Trend, der an Bedeutung gewinnt. Dazu kommt, dass das Selberernten für viele Familien zum Erlebnis wird, das auch den Kindern Spaβ macht. Ein junger Mann bringt es auf den Punkt: «Diese Gemüse haben einen besonderen Wert. Einerseits sind sie besser und gesünder, sie bieten uns jedoch auch die Gelegenheit, die Landwirte unserer Region zu treffen und die lokale Wirtschaft zu unterstützen!»

 

 

 

 

 

 

INSEKTENFALLE KUNSTLICHT

Les OllieresIn unserem Eyrieux-Tal, das zum Schutzgebiet Natura 2000 auserkoren wurde, machen sich die Insekten diesen Sommer noch rarer als in den vergangenen Jahren. In den letzten fünf Wochen habe ich ein einziges junges Grünes Heupferd gesichtet, einige wenige Libellen sowie Tag- und Nachtfalter, die wir heute als Ausnahmeerscheinung bestaunen. Bis heute zeigte sich bei uns noch keine Gottesanbeterin. GottesanbeterinDabei waren sie früher häufig, doch offenbar ist das Nahrungsangebot für diese Insekten, die selbst hauptsächlich Insekten erbeuten, allzu mager. Auch Wespen und Hornissen lassen sich bisher höchst selten blicken, um sich am Schinken auf dem Teller zu bedienen, und die beiden brandmageren Winzlinge von Mauereidechsen scheinen auch auf dem Hungertripp zu sein… Erschreckend daran ist unter anderem, dass man sich an diesen Zustand, der ja auch seine angenehmen Seiten hat, nur allzu rasch gewöhnt. Und wer, wie so viele, auch draußen in der Natur nur noch Augen für das Smartphone hat, nimmt sowieso nicht viel von solchen Veränderungen seiner Umgebung wahr.Grünes Heupferd

Im Dorf soll’s dunkler werden
Dieses Wochenende fand in ganz Frankreich die 26. Ausgabe der Nuit des étoiles, der Nacht der Sterne, statt. Rund vierhundert Veranstaltungen widmeten sich der Astronomie und dem Problem, das die künstlichen Lichtquellen Mensch und Tier bereiten. Eine davon wurde im Nachbardorf Les Ollières-sur-Eyrieux mit einem Vortrag und einer Ausstellung durchgeführt.Strassenlampe jpg

Anlässlich einer Arbeitswoche zu diesem Thema wurde beschlossen, die Lichter in der Gemeinde von diesem Herbst an nachts teilweise zu löschen. Die Bürgermeisterin erklärte diesen Entscheid folgendermaßen: «Es geht nicht darum, in die Steinzeit zurückzukehren, sondern im Gegenteil, mit seiner Zeit zu leben, indem man die Nachttiere und die Gesundheit von uns allen schützt. Außerdem spart die Gemeinde dadurch Geld, was nicht ganz unwichtig ist.» Les Ollières wird nicht die einzige Ortschaft in Frankreich sein, die sich dazu entschlossen hat, der Umwelt zuliebe etwas mehr Dunkelheit zu wagen.

Licht EuropaDie Zahlen zur Lichtverschmutzung sind denn auch beeindruckend, obwohl ich mir kaum vorstellen kann, dass sie sich derart präzis erfassen lässt. So sollen 80% der Menschheit in Gebieten leben, in denen die Nacht durch Kunstlicht beeinflusst ist. Über 99% Europas und Amerikas seien davon betroffen. Der Lichtersmog sei der zweitwichtigste Grund für den Insektenschwund, gleich nach den Pestiziden. Laut einer Hochrechnung werden in Deutschland jede Nacht mindestens eine Milliarde Insekten durch Lichtimmissionen getötet. Obwohl ein Teil davon von Fledermäusen oder Vögeln verzehrt wird, haben Insektenfresser auch in Städten auf längere Sicht bestimmt das Nachsehen.

Kampf um Kirschen und Aprikosen
Das Motto dieses Blogs stimmt nicht immer mit der Wirklichkeit überein: Fast täglich berichten die Medien von Insekten, die sich schneller vermehren, als manchen lieb ist. Dazu gehört die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii), die aus Südostasien eingewandert ist und seit 2009 auch in der Schweiz und Frankreich ihr Unwesen treibt. Bei den Wein- und Obstbauern ist der orangefarbene Zweiflügler mit den knallroten Augen höchst unbeliebt. Er hat die diesjährige Kirschenernte in den französischen Departementen Drôme und Ardèche um rund die Hälfte schrumpfen lassen. Zahlreiche Landwirte geraten dadurch in eine finanzielle Notlage, etliche geben sich geschlagen und fassen einen Berufswechsel ins Auge. Kirschen SuzukiiDazu kommt, dass das zur Bekämpfung der Kirschessigfliege eingesetzte Insektizid Dimethoad in Frankreich seit Februar 2016 verboten ist, obwohl die für Bienen und andere Insekten gefährliche Substanz in anderen EU-Staaten und auch in der Schweiz nach wie vor zugelassen ist. Einige der betroffenen Jungbauern in der Ardèche finden dies ungerecht und beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Protest! Sie versammelten sich am Samstagmorgen, 30. Juli, vor dem Regierungsgebäude in Privas und versuchten, mit den zuständigen Beamten eine Lösung zu finden. Man versprach ihnen eine finanzielle Entschädigung, konkret ist jedoch noch nichts festgelegt. Den Landwirten reicht das nicht, sie erwarten präzise Vorschläge, wie sie die «Suzuki» bekämpfen können, ohne dafür mehr Arbeit und/oder Geld zu investieren. UnbenanntDenn sie befällt nicht nur Kirschen und Trauben, sondern auch Aprikosen, Pfirsiche und Himbeeren. Wenn es so weitergehe, meint einer, werde es in der Ardèche bald keine Obstproduktion mehr geben. Dann importiere man künftig alles aus dem Ausland…

PS: Zecken sind zwar streng genommen keine Insekten, sondern Milben, und sie haben sich dieses Jahr auch in Südfrankreich extrem vermehrt. Eine davon hat vor ein wenigen Wochen den kleinen Hund eines Nachbarn mit einem Virus infiziert, das in wenigen Tagen zu seinem Tod führte!

 

 

EIN RESERVAT FÜR DIE URBIENE

plage-stpierreville-46777Das Gebiet um das Tal des Eyrieux französischen Departement Ardèche, im Osten des Zentralmassivs, die sogenannten Boutières, zieht Menschen an, die das Urtümliche mögen. Keine Golfplätze und 4-Sterne-Hotels mit Spa, dafür Campingplätze, Wildbäche und ausgedehnte Kastenienwälder, in denen Wildschweine hausen. Statt Einkaufsmeilen mit schicken Boutiquen gibt’s kleine Märkte mit Produkten aus der Gegend: Gemüse und Obst, Ziegen- und Schafkäse, Trockenwürste und Honig. Mit etwas Glück lässt sich sogar der kostbare Honig von Bienen finden, die so selten geworden sind, dass man Vereine gründet, um sie zu retten. Etwa auf dem Sonntagsmarkt von Saint-Pierreville, am Stand von Vincent Canova, der auch einige Bioläden beliefert (mehr darüber auf mielduvivarais@gmail.com).

arton978Die Ahnfrau im dunklen Gewand
Apis mellifera mellifera, die Dunkle Europäische Biene, hat die Blütenpflanzen unseres Kontinents bereits vor Millionen Jahren bestäubt und so für deren Verbreitung gesorgt. Der Mensch tauchte erst viel später auf, entdeckte aber ihren Honig als Nahrungquelle vermutlich schon sehr früh. Sie ist dunkel gefärbt, fast schwarz, winterhart, genügsam und langlebig. Auf menschliche Unterstützung ist sie eigentlich nicht angewiesen, sie bringt sich selbst durch, wenn man sie lässt. Ihr Untergang begann Mitte des 19. Jahrhunderts, als man zur Steigerung der Honigproduktion fremde Bienenrassen einkreuzte. Wikipedia: «Das führte zu ihrer Verdrängung in vielen Regionen ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets. Vielerorts besteht reges Interesse an einer Wiedereinbürgerung. In manchen Ländern Europas wie der Schweiz, Frankreich, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Irland, England, Österreich (Tirol), Polen gibt es noch umfangreiche, mehr oder weniger reine Bestände, in Deutschland nur noch in wenigen, meist hochgelegenen Regionen.»signet

In den Boutières wird sie umgangssprachlich Abeille noire genannt, die Schwarze Biene. Fünf Männer und eine Frau setzen sich dafür ein, die gefährdete Einheimische zu fördern und das Wissen über diese Rasse zu verbreiten.

SONY DSCDer Initiator und Präsident des Projekts, Vincent Canova, ist Berufsimker. Er hat den Betrieb seiner Eltern übernommen, die auf ihrem Hof in Gluiras während über vierzig Jahren Honig produzierten, und dies stets mit der Schwarzen Biene. Der großgewachsene Mittdreißiger hat sich zum Ziel gesetzt, der Bienenzucht in der Boutières wieder einen größeren Stellenwert zu verschaffen. Zum Beispiel, indem er sich voll und ganz der Nachhaltigkeit verschreibt, dem Respekt vor seinen Schützlingen, die er so natürlich wie möglich halten und nutzen will. Ihr Lebensrhythmus soll nicht der Produktionssteigerung angepasst werden. Denn immer mehr Ertrag mit Hilfe importierter, degenerierter Zuchtbienen kommt für ihn nicht in Frage. Doch wie stellt sich sein Verein die Alternative dazu vor?

Ruhezonen für fleißige Arbeiterinnen
SONY DSC
Es gibt bereits rund ein Dutzend Vereinigungen in Frankreich und Belgien, die sich für die Rettung von Apis mellifera mellifera einsetzen. Ihr Kürzel FEDCAN steht für Fédération européenne des conservatoires d’abeille noire. Zu diesem Zweck werden Zonen ausgeschieden, die den Urbienen reserviert sind. In den Boutières ist ein Reservat mit einer Kernzone von 6 km und einer Pufferzone von 25 km geplant. Hier sollen sie nach strikten Regeln gehalten werden. Das heißt: keine Transhumanz, natürliche Produktion der Königinnen, strikte biologische Behandlung von Krankheiten und Parasiten, natürliche Schwarmvermehrung und keine Maximierung der Honigproduktion. Außerdem werden die Völker regelmäßig kontrolliert, um die Reinheit der Rasse zu erhalten. Doch damit nicht genug. Man will die Bevölkerung durch Vorträge und Ausstellungen sensibilisieren, Schulen besuchen, pädagogische Lehrmittel herstellen, Feste organisieren, eine Schule für Bienenzucht im Sinne der FEDCAN gründen, die Schwarze Biene für Interessierte besser zugänglich machen und anderes mehr…

thDass das ehrgeizige Projekt nicht nur mit Idealismus verwirklicht werden kann, ist den Initianten bewusst. Sie hoffen auf finanzielle und ideelle Unterstützung durch Menschen, denen die Bienen und eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt am Herzen liegt. Mehr auf der (noch nicht ganz fertigen) Internetsite: www.abeillenoiredesboutieres.fr/

 

 

 

 

AUF DEN HONIG-ROUTEN

 

41 ZiegeDas Dorf mit dem sperrigen Namen Saint-Michel-de-Chabrillanoux liegt in schöner Aussichtslage über dem Eyrieux-Tal in der Ardèche. Es ist bekannt für sein Open-Air-Festival Mitte Juli, das dieses Jahr zum 41. Mal stattfindet, seine mächtige, 1848 gepflanzte Friedens-Ulme und seine zahlreichen alternativ-grünen Bewohner, die hier die Nestwärme von Gleichgesinnten suchen. Und dann gibt es noch eine katholische Kirche und einen protestantischen Temple, die betont weit voneinander entfernt an den Dorfrändern stehen. Anlässlich des Fests fand bei den Katholiken eine Ausstellung mit Fotos der schönsten Dörfer der Ardèche und bei den Protestanten eine zum Thema Bienen statt. Diese Ausstellung war enttäuschend, das neuste Buch des Fotografen hingegen war eine Entdeckung!

41 Platz St-MichelHausfotograf der Bienen
Eric Tourneret, Jahrgang 1965, reist seit über zehn Jahren durch die ganze Welt, um Bienen, Honigsammler und Imker zu fotografieren und zu filmen. Er zählt zu den Prominenten seines Metiers, ist unter anderem für Paris Match, Figaro und Geo tätig, wohnt, wenn er nicht unterwegs ist, mit seiner Familie mitten im Departementshauptort Privas und widmet sich seinen neun Bienenstöcken, die auf einer Wiese am Stadtrand stehen. Im September 2015 ist sein neustes Buch zu diesem Thema mit dem Titel «Les Routes du Miel» erschienen. Es ist ein in jeder Beziehung schwergewichtiges Werk: 352 Seiten mit durchgehend farbigen Fotografien und Texten von ihm und seiner Frau, Sylla de Saint Pierre, sowie von namhaften Experten. Der Preis von 45 Euro ist für dieses 3 Kilogramm schwere, großformatige und großartige Buch bestimmt nicht zu hoch. Es ist unvorstellbar, dass es nicht nächstens in einer deutschen Übersetzung (die ich sehr gerne übernehmen würde!) erscheinen wird.

41 CoverDas Faszinierende an diesem Bildband ist, dass er sich nicht ausschließlich mit den Honigbienen beschäftigt, sondern auch oder sogar vorwiegend mit den Menschen, die sich dem Honig verschrieben haben. Die Reise führt in 23 Länder sowie die Großstädte Paris, New York, London und Berlin. Sie beginnt in China, wo Frauen die Rolle der Bestäuberinnen auf den Obstbaumplantagen übernehmen. Weiter geht’s in die USA, nach Arizona, wo fahrende Imker die Mandelbaumwälder besuchen und wegen der Pestizide bei ihren Bienenvölkern große Verluste in Kauf nehmen müssen. Bei den Pygmäen des Kongos tauchen wir in die so ganz andere Welt der Honigsammler im Urwald ein. Man erfährt nicht nur, wie sie es schaffen, in schwindelerregender Höhe den begehrten Nektar zu gewinnen, sondern nimmt auch an ihrem Familienleben teil. In Indien klettern Angehörige der Kaste der Unberührbaren an Felswänden hoch, wo die asiatische Riesenbiene Apis dorsata Kolonien bildet und sich vehement gegen Räuber wehrt.

Eric Tourneret
Eric Tourneret

Für solche Aufnahmen griff der Fotograf nicht zum Teleobjektiv, sondern schwang sich selbst in die Höhe und wurde ebenfalls heftig attackiert… Seine Frau erinnert sich, dass ihr Eric in Nepal bei strömendem Regen auf 80 Metern über dem Boden in einer Hängeleiter baumelte, umschwärmt von Hunderten von Bienen, und seine Höhenangst vergaß, weil er nur eines im Sinn hatte: dieses atemberaubenden Erlebnis in guten Aufnahmen zu dokumentieren.

Intelligenter als der Mensch
Atemberaubend sind auch die außergewöhnlichen Aufnahmen von Bienen aus ungewohnten Perspektiven. Dank dem unerschrockenen Franzosen erhält man Einblicke, die selbst Bienenkenner überraschen. Ganz abgesehen von den zahlreichen Arten, die den meisten unbekannt sein dürften und die manchmal auf den ersten Blick nicht unbedingt als Bienen erkennbar sind. Ein Beispiel ist die knallgrüne Euglossa hemichlora, eine Art aus Panama, deren Sozialleben an ein Shakespeare-Drama erinnert. Oder die längs schwarz-gelb gestreifte, stachellose Paratrigona ornaticeps, die in Panama in Baumstrünken lebt. Zudem gibt es auch Ameisen, die Honig produzieren (Bild links). 41 Ameisen Dramatische Bilder lieferte der Kampf der Honigbienen gegen die Asiatische Riesenhornisse, einen wahren Goliath, während der Angriff der Varroa-Milbe auf eine Bienenlarve dank dem Makro aus nächster Nähe beobachtet werden kann. Und vieles, sehr vieles mehr…

Eric Tourneret will auch weiterhin die Geheimnisse der Bienen ergründen und seine Mitmenschen mit faszinierenden Fotografien und Berichten überzeugen, dass sich der Einsatz für diese vielfältige Insektengruppe lohnt. Geplant ist ein Film mit noch nie dagewesenen Makro- und Mikroaufnahmen. Und wenn der Sommer zu Ende ist, reist er nach Argentinien und Chile, um seine Begegnungen mit Bienen und Bienenmenschen zu vertiefen. Sie sind sein Credo, sein Lebensinhalt. Seiner Meinung nach verfügen diese magischen Wesen über eine höhere Intelligenz als der Mensch: «Die Bienen produzieren keine Abfälle. Noch besser: Sie konstruieren ihre Materialien selbst und sind außerdem schon viel länger auf der Erde als wir.» Seit mindestens 75 Millionen Jahren, nach der Datierung der ältesten bekannten fossilen Biene zu schließen, die in Bernstein eingebettet im US-Staat New Jersey gefunden worden war: Cretotrigona prisca sammelte übrigens bereits Honig für ihren Nachwuchs.

Eric Tourneret – Sylla de Saint Pierre, Les Routes du Miel, Editions Hozhoni 2015

 

 

 

 

 

 

FERIENDUFT LIEGT IN DER LUFT

40 LacFrankreichs Moral ist sichtlich angeschlagen. Der Fußball-EM-Titel hätte die Stimmung für eine Weile gehoben. Es hat jedoch nicht sollen sein: Der neue Europameister heißt Portugal. Dennoch können nun endlich die großen, langen Sommerferien beginnen. Die Touristen strömen ins Vallée de l’Eyrieux im Departement Ardèche, unsere zweite Heimat, und die Campingplätze füllen sich allmählich. Tagsüber wird es dermaßen heiß, dass man am besten in die Höhe zieht, zur Quelle der Loire, zum Gerbier-de-Jonc und zum Lac d’Issarlès. Hier oben atmet man freier als in den engen, schwülen Tälern. Und wenn die Zeit und/oder die Energie dafür fehlen, gibt’s eine Alternative: Relativ kühl und angenehm ist’s auch im Haus, vor dem Computer…

Claudia et Truffo sur le bisse de Clavau, SionEin Hauch von Gift
Kurz vor der Abfahrt in den Süden machten wir einen Spaziergang auf der Bisse de Clavau über Sion, einer der schönsten und spektakulärsten Wasserleitungen, die durch die Weinberge führen. In den Reben hat man «geläubelt», Triebe aufgebunden und gegen den Echten Mehltau gespritzt. Der braune Bewuchs zwischen den Rebzeilen zeigt, dass auch Herbizide zum Einsatz kommen. Und siehe da: Am Wegesrand steht ein weißer Plastikkanister mit der Aufschrift «Glyphomed». Ein Arbeiter kauert am Boden und besprüht die Gräser und  Kräuter zwischen den Rebstöcken, dicht daneben sind zwei Frauen mit Ausbrechen beschäftigt. Der Sprache nach sind die drei Portugiesen, wie so viele, die im Walliser Weinbau arbeiten. Von Mundschutz, Handschuhen usw. keine Rede. Zu Hause ging’s ins Internet, wo das Bundesamt für Landwirtschaft beim Umgang mit dem Herbizid, das pro Liter 360 Gramm Glyphosat enthält, unter anderem vor der Gefahr ernsthafter Augenschäden warnt und das Tragen von Schutzbrille/Gesichtsschutz empfiehlt. Es sei giftig für Wasserorganismen und und könne in Gewässern längerfristig schädliche Wirkung haben. Ganz harmlos ist das vom BLW als «umweltgefährlich» eingestufte Mittel der Murtener Firma Médol SA also offensichtlich nicht, obwohl der Name «Glyphomed» irgendwie gesund und nach Medizin klingt. Seine Bewilligung läuft bis zum 31.7.2016, die Aufbrauchfrist bis Ende Juli 2017.

Mindestens bis Ende 2017 bleibt Glyphosat nach Beschluss der EU zugelassen (der Monsanto-Bayer-Deal ist ja noch nicht unter Dach und Fach). Die EU-Kommission hat die definitive Entscheidung über die Zukunft des Herbizids nochmals hinausgeschoben und die Europäische Chemikalienagentur ECHA beauftragt, die Risiken zu bewerten. Ist die ECHA, eine der EU unterstellte Behörde, jedoch wirklich unabhängig? Und warum wird, wenn von der künftigen Zulassung von Glyphosat die Rede ist, stets nur erwähnt, dass es im Verdacht steht, Krebs zu erregen? Die eindeutig erwiesenen gravierenden Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt  hingegen scheinen offenbar keine Rolle zu spielen…

40 SionWalliser Pioniere
Wer im Rebberg die unerwünschten Kräuter und Gräser ohne Glyphosat beseitigen will, braucht viel Kreativität und den Willen, Geld, Zeit und Kraft in dieses Projekt zu investieren. Die Stadtgärtnerei unserer Wohngemeinde Sion/Sitten im Kanton Wallis hat sich von dem umstrittenen Herbizid losgesagt und rückt dem Unkraut mit verschiedenen Mitteln zu Leibe. Maschinen, die Dampf, Gas und heißes Wasser versprühen, kommen zum Einsatz. Man setzt biologische Produkte ein, obwohl diese wesentlich kostspieliger sind als Herbizide, die Glyphosat enthalten. Auch das Jäten von Hand, zum Beispiel auf Friedhöfen, ist aufwendig und erfordert entsprechend mehr Personal. Der Einsatz lohne sich jedoch, weil er der Biodiversität zugute komme. Es sprießen wieder Blumen, die schon seit längerem nicht mehr gesehen wurden. Da bezahlt man doch fast wieder gerne seine Steuern…

40 SaillonDie Gemeinde Saillon (siehe meinen Blog vom 27. April) hat ebenfalls die Nase voll von Glyphosat und will eine neue Ära einläuten. Auch hier nimmt das Jäten von Hand nun eine Menge Zeit in Anspruch. Für den Friedhof benötigt man jetzt ein bis zwei Tage statt einem halben Tag mit der Glyphosat-Spritze. Außerdem brauche es Geduld und Fingerspitzengefühl, um der (pingeligen?) Bevölkerung zu erklären, dass diese umweltschonende Methode ein wenig Toleranz erfordert.

Der Gemeindegärtner von Saillon ist ein Tüftler, der mit Mixturen experimentiert, die ebenso wirksam wie biologisch unbedenklich sind. Verschiedene Mischungen von Wasser, Salz und Essig werden momentan getestet. Mit unterschiedlichem Erfolg. Als besonders widerspenstig erweist sich der Ackerschachtelhalm oder Katzenschwanz, der sich sogar von einer heißen Brühe nicht beeindrucken lässt. Und schließlich spielen auch hier die Auswirkungen auf die Gewässer eine Rolle, denn man will ja den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben… Die Pionierarbeit von Sion und Saillon ermuntert auch andere Gemeinden im Kanton Wallis, es mit weniger Gift zu versuchen, obwohl das nicht ganz einfach ist (Quelle: Le Nouvelliste vom 9.7.2016).

40 Mezenc 2PS: Wo noch nicht gemäht wurde, flattern auf der Hochebene rund um den Mont Mézenc (mit 1753 m der höchste Gipfel des Departements Ardèche) momentan Schmetterlinge in allen Farben und Größen – es gibt sie also doch noch!

 

HORNISSEN IM ANFLUG, WERREN IM RÜCKZUG

asiatische-hornisse102-_v-TeaserAufmacherEin neuer Feind der Honigbienen ist im Anflug: Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) wurde 2004 erstmals im Bordelais entdeckt, breitete sich von Südwestfrankreich bis ins Rhonetal aus und zieht offenbar unaufhaltsam weiter in Richtung Alpen. Die Imkerei erhält mit diesen per Schiff aus China eingeschleppten Insekten ein weiteres Problem, da sie noch ausgeprägter als die einheimischen Hornissen auf Honigbienen Jagd machen, um mit dieser Beute ihre eigene Brut zu ernähren. Allerdings scheiden sich die Geister darüber, ob die «Killer-Hornisse» wirklich so gefährlich ist, wie es oft heißt.

thBesser als ihr Ruf
So seltsam es in manchen Ohren auch klingt, es gibt Menschen, die von Hornissen derart begeistert sind, dass sie sich für deren Schutz einsetzen (da ich mit einem Mann verheiratet bin, der nicht anders kann, als Hornissen zu kraulen, wenn sie in seine Nähe kommen, ist mir diese Einstellung nicht ganz fremd…). Ein Pionier in diesem Bereich ist der deutsche Biologe Rolf Witt, der mehrere Bücher über Bienen und Wespen geschrieben hat. Er plädiert dafür, hinsichtlich der Asiatischen Hornisse sachlich zu bleiben, sich zu informieren und vor allem keine Panik zu verbreiten: «Ich halte es für sehr wichtig, dass wir uns schon frühzeitig mit der Biologie und dem Umgang mit dieser Art beschäftigen, um so entsprechend vorbereitet zu sein. Ein fundiertes Wissen ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die bisherige Berichterstattung in den Medien alles andere als sachlich war.» In Frankreich habe man inzwischen akzeptiert, dass Vespa velutina zur einheimischen Insektenfauna gehöre, bekämpfe sie jedoch dennoch rigoros. Von Hornissen- und Wespenschutz sei in Frankreich noch nichts bekannt.

Asian hornet preying on a bee. Asian hornet (Vespa velutina) preying on a bee. After catching a bee, this hornet will kill it by biting off its head, and then begin to dismember it (seen here) and will only take the bee's thorax back to its nest to feed its larvae. Once a beehive is found by this species, the entire population of bees can be killed within hours. This invasive Asian hornet species, also called the Asian predatory wasp, first appeared in France in around 2004, and has been spreading, attacking people and preying on native honeybee species. Photographed in the Bordeaux region of France, in 2010.Haben die Imker also nichts zu befürchten? Ganz so eindeutig ist es auch wieder nicht. Rolf Witt: «Die Art ist grundsätzlich als Allesfresser einzuordnen, wobei Honigbienen oft 80 bis 85 % der Beute ausmachen. In Stadtrandbereichen scheint die Bedeutung von Honigbienen für die Ernährung höher zu sein als in ländlichen Gebieten. Weitere Beutetiergruppen sind vor allem andere soziale Hautflügler-Arten, Dipteren (Fliegen und Mücken), Coleoptera (Käfer) bis hin zu Wirbeltieren. Zur Eigenversorgung werden Blüten besucht und dabei auch bestäubt.» Menschen sollen vor dieser Hornisse nicht viel zu befürchten haben, außer man gehört zur Spezies der Allergiker. «Einer der besten Kenner der Art in Frankreich, Jean Haxaire, hat Völker zu sich in den Garten umgesiedelt, in dem auch regelmäßig Kinder spielten. Zu Stichen ist es dabei nicht gekommen, und eine verstärkte Aggressivität konnte Haxaire nicht feststellen.» Massive Schäden seien zudem vor allem bei Honigbienenvölkern entstanden, die bereits beschädigt oder schwach entwickelt waren. Mehr unter www.hornissenschutz.de/verspa-velutina-deutsch.htm

WiedehopfDer Wiedehopf macht sich rar
Der populäre Zugvogel mit der dekorativen Federhaube ist ein Sorgenkind der Ornithologen. Von den ungefähr 230 Paaren, die in der Schweiz brüten, sind die meisten im Wallis anzutreffen. Ihr Bestand geht jedoch auch hier seit 2010 wieder zurück, obwohl sich das Zentral- und Unterwallis als Lebensraum des attraktiven Upupa epops grundsätzlich eignen: In den Eichen- und Kastanienwäldern gibt es alte, hohle Bäume und in den Weinbergen zerfallende Winzerhäuschen mit höhlenartigen Brutplätzen. Auch das generell warm-trockene Klima des zentralen und unteren Rhonetals sowie die Steppen, Rebberge und Auenlandschaften entsprechen seinen Bedürfnissen.wiedehopf_bg_010410_6

Über die Nahrung des Wiedehopfs schreibt Pierre-Alain Oggier in seinem Buch über die Fauna des Kantons: «Wegen seiner Größe muss der Wiedehopf viel Beute machen: Jérome Fournier hat bis zu 300 tägliche Futterlieferungen in ein einziges Wiedehopfnest gezählt.  MGrille-402--Götz_Nowack_maulwurfsgrilleUnter den Beutetieren, die in der Gegend von Fully mit Hilfe einer Fotofalle erfasst wurden, liegen mit 60% die Raupen des Eulenfalters an der Spitze, den zweiten Platz belegen Maulwurfsgrillen. Aber gewichtsmäßig machen letztere 80% aus, wogegen die Raupen 15% des Gesamtgewichts kaum übersteigen. Natürlich fangen die Paare die günstigste Beute: Die Maulwurfsgrille, die an den Hängen fast völlig fehlt, überwiegt auf der Speisekarte der Paare in der Ebene.» Sie picken die bis zu 6 cm großen, auch Werren genannten Maulwurfsgrillen mit ihrem langen, leicht gekrümmten Schnabel aus der Erde.
wiedehopf NisthilfeEine logische Erklärung für den Rückgang des Wiedehopfs liefert der Insektenforscher Dr. Christoph Germann vom Naturhistorischen Museum Bern. Im «Blick» vom 25. Juni 2016 verkündet er, diese bei Landwirten und Hobbygärtnern verpönte Grillenart, die sich mit ihren kräftigen Grabschaufeln durch die Erde wühlt, sei selten geworden und gelte sogar als vom Aussterben bedroht, weil sie sehr empfindlich auf Pestizide reagiere. Die Werre sei zudem keineswegs nur ein Schädling, sondern fresse außer Pflanzenwurzeln auch Larven und Raupen. Für den Wiedehopf ist diese Entwicklung verhängnisvoll, denn wenn er zu wenig Nahrung für sich und seine Brut findet, ist sein Schicksal besiegelt. Da bringen auch Nisthilfen nichts.

 

 

 

 

FISCHER FORDERN: MEHR PHOSPHAT, WENIGER PESTIZIDE

z4AelDass in der Schweiz weniger Felchen und Egli gefangen werden, war in allen Zeitungen zu lesen. Für Gourmets ist das eine schlechte Nachricht, für Berufsfischer gar eine Katastrophe. Der Schweizerische Berufsfischerverband zeichnet in seinem Pressecommuniqué vom 22. April 2016 ein dramatisches Bild: «Wer heute an den Ufern des Vierwaldstättersees, Bodensees oder Brienzersees entlangspaziert, ahnt nichts davon, dass unter der glitzernden Wasseroberfläche hungergeplagte Fische schwimmen. Seit Ende der 1970er Jahre wird den ehemals mit Phosphaten überdüngten Seen ein striktes Reinhalteprogramm aufgezwungen. Der lebenswichtige Nährstoff Phosphor, der natürlicherweise in jedem Gewässer vorhanden ist, fehlt heute in vielen Schweizer Seen beinahe gänzlich. Das hat gravierende Folgen für die Fischbestände.»

Zu saubere Seen?2170676_1_article660x420_B993600579Z.1_20141125160659_000_G0G3CUFVS.2_0
Eigentlich sollte man sich darüber freuen, dass es dank den Kläranlagen wieder saubere Gewässer gibt. Die Fangquoten der hiesigen Fischer rauschen jedoch bachab. Für den Verband der Berufsfischer ist es eindeutig: «Sinkt der Phosphatgehalt eines Sees unter 10 mg/m3 Seewasser, dann brechen die Fangerträge sehr rasch ein. Weder der Gewässerschutz noch die Trinkwasserversorgung oder die Badegäste benötigen einen tieferen Phosphatgehalt als diese 10 mg/m3.» Der fatale Nährstoffmangel könne behoben werden, wenn wieder mehr Phosphat toleriert werde. Und der Verband doppelt nach: «Welch skurriles Szenario wäre das, wenn im Wasserschloss Schweiz keine Fische aus einheimischem Wildfang mehr auf den Teller kämen.»

th3QKOBM2DEs gibt jedoch Zweifler, die die Schuld am Rückgang der Felchenbestände nicht dem mangelnden Phosphat zuschreiben. Als Ursachen kämen ihrer Meinung nach auch die steigende Temperatur der Gewässer aus klimatischen Gründen, Belastung durch Freizeitaktivitäten und der zu hohe Pestizidgehalt durch die Landwirtschaft in Frage. Der Bodenseefischer Peter Klingenstein findet es nicht sinnvoll, die Seen aus wirtschaftlichen Gründen zu düngen: «Nachhaltigkeit steht für mich immer zuoberst. Entsprechend suche ich nicht die Menge, sondern die Konstanz in der Fischerei. Heute wachsen die Felchen zwar langsamer, aber die Qualität des Fleisches ist wesentlich besser als früher.» (Wandermagazin SCHWEIZ 10/11/2013).

Pestizide im Fokus
thSMOOCQFBJetzt reißt den Fischern erneut der Geduldsfaden, sie fordern Taten statt Worte. Der Schweizerische Fischerei-Verband SFV informierte die Medien über die unhaltbaren Zustände in unseren Gewässern: «Als einem der letzten Länder Europas fehlt der Schweiz ein Aktionsplan gegen Pestizide. Umso schlimmer, weil unser Land einen der höchsten Pestizidanteile haben soll. Mehr noch: Die vorwiegend von der Landwirtschaft eingesetzten Insekten- und Pflanzenschutzmittel muten den Flüssen und Seen einen eigentlichen Pestizid-Cocktail zu. Und trotzdem sind immer noch 2000 Tonnen Pestizide im Handel, darunter auch das umstrittene Glyphosat.»

SFV-Zentralpräsident Roberto Zanetti, Hobbyangler und SP-Ständerat, fordert konkrete Maßnahmen: «Es ist jetzt höchste Zeit für den längst in Aussicht gestellten Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel NAP. Im Interesse von Fauna und Flora im und am Wasser erwarten wir Fischer, dass er endlich kommt.» Der Pestizideinsatz soll kurzfristig um 50 Prozent und langfristig um 80 Prozent reduziert werden.

wasser07Das ist ein ehrgeiziges Ziel, und man wird sehen, wie die Landwirtschaft darauf reagiert. Unterstützung erhält der Fischerei-Verband vom WWF, der in diesem Zusammenhang auch auf die vergifteten Bienen und die Kosten hinweist: «Eine kürzlich erschienene Studie des Forschungs- und Beratungsbüro INFRAS zeigt die wirtschaftlichen Auswirkungen von Pestiziden. Jährlich entstehen der Schweiz Umwelt- und Gesundheitskosten in Millionenhöhe durch den Pestizideinsatz. Mit dem Aktionsplan muss der Bund für Kostenwahrheit sorgen und die Entwicklung von Alternativen zu chemischen Pestiziden unterstützen, um die Belastung für Bevölkerung und Umwelt einzudämmen.»Eintagsfliege

Insekten auf der Speisekarte
Wäre es nicht auch möglich, dass die Fische Hunger leiden, weil sie zu wenig Insekten finden? Ganz abwegig ist das nicht, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert Insekten in ihrem Nahrungsspektrum haben. Viele Jungfische halten sich in den seichten Uferbereichen auf und sind auf Mückenlarven angewiesen. Sie müssen in großen Mengen vor dem Maul zur Verfügung stehen, da die Jagd auf Beutetiere zuviel Energie verbraucht. Bei größeren Fischen spielen dann Eintagsfliegen-, Steinfliegen- und Köcherfliegenlarven eine wichtige Rolle.

thNPLNTFPUVon den Ausflügen an die Bergbäche mit meinem Vater weiß ich: Forellen angelt man mit kunstvoll gebundenen Fliegen, die man gekonnt und mit viel Fingerspitzengefühl über die Wasseroberfläche tanzen lässt. Neben den Forellen schnappen auch Äschen, Saiblinge, Plötzen, Alande, Ziegen, Ukelei oder Döbel nach Insekten und schnellen sogar in die Luft, um sie zu fangen. Sogar Libellen und Eintagsfliegen sind vor Fischmäulern nicht sicher. (Quelle: Österreichisches Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz ÖKF).

Dass die in Deutschland, der Schweiz und anderswo durchgeführten «biologischen» Aktionen zur Bekämpfung der Stechmücke Aedes vexans das Nahrungsangebot der Fische zusätzlich reduzieren, liegt auf der Hand (siehe auch meinen Blog vom 2. Juni 2016). Sie gehören bestimmt nicht zu den angenehmsten Vertretern des Tierreichs, für den Fischbestand sind sie jedoch eindeutig ein Segen.

 

BRÄME, BREMSEN UND GÖTTERTRANK

gotthardpass_010Der Gotthard und sein brandneuer, 57 Kilometer langer Basis-Eisenbahntunnel standen letzte Woche im Rampenlicht. Die Schweiz jubelte! Fast die ganze Korona war vor Ort, inklusive Merkel, Hollande und Renzi als Vertretern der Nachbarstaaten, um Beifall zu spenden, die meisten wirkten jedoch bei der Fahrt durch das Jahrhundertbauwerk eher gelangweilt. Kein Wunder: Die Reise über den Götter- und Teufelsberg ist nämlich wesentlich spannender als jene durch das Jahrhundertloch. Ich weiß nicht, wie oft wir in den Sommerferien mit Sack und Pack über den Gotthard gen Süden gebraust sind. Abenteuerlich war es jedes Mal, und es wurde jeweils laut gesungen, was in unserer Familie sonst nicht oft vorkam.

Cover Gotthard«Die cheibe Bräme»
Dem Trio der Geschwister Schmid sei Dank gibt es seit 1945 den legendären Hit «Über de Gotthard flüget Bräme» (siehe und höre unter www.youtube.com/watch?v=Z4NcLAWbzy8)!  Ohne diesen schmissigen Ohrwurm wäre die Autofahrt über die Haarnadelkurven hinauf auf den Pass zum Hospiz und dem kalten See nicht halb so lustig gewesen. Das Lied auf die Bremsen, die aufs Blut der Soldaten, Postwagenpferde und übersömmernden Rinder scharf waren, prophezeit, dass das immer so gewesen sei und auch in Zukunft so bleiben werde.gotthardpass-museum-1203-0

Offensichtlich haben sich die Geschwister Schmid getäuscht, denn es heißt, die Blutsauger aus der Familie der Fliegen würden im Gotthardmassiv nur noch selten gesichtet (ich kann mich allerdings nicht erinnern, dort je wirklich Bremsen gesehen zu haben…). Laut einem Artikel der «Aargauer Zeitung» vom 22. August 2014 wird auch das Mittelland immer weniger von diesen «Störenfrieden» heimgesucht. Die Brüder Guido (80)  und Leo (88) Koch aus Büttikon erinnern sich: «Früher konnten wir die Kühe im Sommer nachmittags kaum auf der Weide lassen. Es gab so viele Brämen, dass sich das Vieh dagegen fast nicht wehren konnte.» FLIEGE_620Man habe sich mit rauchenden Feuerkesseln gegen die Plagegeister gewehrt: «Wir haben einst immer noch etwas Gummi verfeuert. Der dadurch entstehende Gestank hatte für die Brämen zusätzlich eine abschreckende Wirkung.» Eine Methode, die sich selbstverständlich nicht empfiehlt, obwohl es schmerzhaft sein kann, wenn Bremsen zuschlagen.

rinderbremse-tabanus-bovinusAuch wenn es nicht jede Frau gerne hört: Blut saugen in der Regel nur die Weibchen, während die Männchen von Blütennektar leben. Und sie sind besonders an schwülen, feuchten Tagen hungrig, weshalb sie auch «Gewitterfliegen» oder «Regenbremsen» genannt werden. Wo sie in Massen auftreten, können Bremsen ganze Viehherden schwächen und beispielsweise in Afrika auch auf Menschen lebensgefährliche Krankheiten übertragen. Vermissen tut man die «cheibe Bräme» darum eigentlich nicht. Trotzdem ist es einmal mehr rätselhaft, warum sie auf dem Rückzug sind. Oder wird uns der feuchte Frühling und Sommeranfang etwa eine Bremseninvasion wie anno dazumal bescheren?

Metsieder und Bienenfreund
alexander-eckert-foto.256x256 Alexander Eckert lebt in einem behäbigen Bauernhaus in Innerberg bei Bern, wo er ein Handwerk ausübt, das in der Schweiz Seltenheitswert besitzt: Er produziert Met, den Honigwein, den schon die alten Griechen, Römer und Germanen schätzten. Der von Stuttgart ins Bernische zugezogene Informatiker hängte seinen Beruf vor sieben Jahren an den Nagel und gründete die erste Metsiederei in der Schweiz. Die Welt der Bits und Bytes war ihm zu kopflastig, er sehnte sich nach mehr Natur und einer Tätigkeit, die ein handfestes Ergebnis hervorbringt. Doch was ist eigentlich Met? Seine Homepage www.metsiederei.ch gibt Auskunft: «Honig gärt von sich aus, wenn er zuviel Wassergehalt besitzt, und wandelt sich so zu etwas Berauschendem, Magischem. In Europa wurde Met im Hochmittelalter vom Traubenwein verdrängt und fast vergessen, obwohl er sich damit sehr gut messen kann. Met ist und war immer schon ein mystisches Getränk.» Dieser vergorene Honig  soll übrigens laut Kneipp der gesündeste Alkohol sein.

honigweinAlexander Eckert ließ sich zum diplomierten Berufsimker ausbilden und stellt heute rund 42 Hektoliter Met in drei verschiedenen Varianten her. Dazu verarbeitet er zwei Tonnen Honig, den er zum größeren Teil in Bioqualität aus Rumänien bezieht, wo es noch «wirkliche Wildwiesen und -flächen gibt, die man in der Schweiz so nicht mehr findet.» Und er befürchtet, dass es zu viele Pestizide und zu wenig Blütenpflanzen gebe, um die Zukunft der Bienen und des Honigs zu garantieren. Er hat jedoch keineswegs vor, seinen Traumjob aufzugeben und siedet weiterhin Met, den Trunk der Götter und Krieger. (Quelle: «marmite», Ausgabe 3, 2016).