Der Osterhase ist dieses Jahr nicht zu beneiden, er hoppelt mit seinen Eiern unter Regen- und Schneeschauern durch die Lande. Zwar blühen in den Rebbergen die ersten Mandelbäume, doch die wenigen Erdkröten, die den Weg in den Montorge-See und die umliegenden Tümpel gefunden haben, lassen nur selten und höchst zaghaft von sich hören. Sie sind noch nicht so richtig in Fahrt gekommen, und Insekten sind ebenfalls kaum vorhanden. Trost bietet gegenwärtig der Wetterfrosch, der für die nächste Woche frühlingshafte Temperaturen verspricht. Möglicherweise beginnen dann auch die übrigen Kröten und Frösche zu den Laichplätzen zu wandern.
Baysanto: eine verhängnisvolle Ehe
Abgesehen von der ungewohnten Kälte Anfang April fröstelt es einen auch beim Lesen des Artikels im neusten «Spiegel» (Nr. 13) über die geplante Monsterhochzeit von Monsanto und Bayer. Ganz unschuldig, wie manche glauben, scheint laut dem deutschen Nachrichtenmagazin der amerikanische Pestizid- und Saatgutproduzent offensichtlich doch nicht zu sein. «In den letzten Monaten gab es eigentlich nur Schreckensnachrichten von Monsanto. Es wurden E-Mails öffentlich, die nahelegen, dass die Firma von den Gesundheitsgefahren ihres Verkaufsschlagers, des Totalherbizids Glyphosat, gewusst und sie wissentlich vertuscht habe. Dass das Unternehmen heimlich an Studien mitgearbeitet habe, die später als Arbeiten unabhängiger Wissenschaftler präsentiert und den US- und europäischen Aufsichtsbehörden untergejubelt worden seien. Beide Vorwürfe bestreitet Monsanto vehement.» Wie soll der Gigant auch sonst reagieren…
Es geht jedoch nicht mehr bloß ums Glyphosat, das sich als nicht absolut zuverlässig erwies, da gewisse Unkräuter dagegen resistent wurden und sich explosionsartig ausbreiteten. «Mittlerweile sind in den USA 34 Millionen Hektar Ackerland von Superunkräutern befallen. Eine neue, praktische Mixtur musste her – und damit nahm das Unglück seinen Lauf. Um weiter mit Saatgut und Unkrautvernichtern ein Milliardengeschäft machen zu können, griff Monsanto auf eine alte, aber hochumstrittene Chemikalie zurück.» Dicamba heißt dieses Spritzmittel, das den Nachteil hat, bei großer Hitze gasförmig aufzusteigen und mit dem Wind meilenweit transportiert zu werden. Landet es dann auf Feldern mit Pflanzen, die nicht gentechnisch gegen Dicamba resistent gemacht wurden (selbstverständlich von Monsanto), hat der Bauer eben Pech gehabt. Etliche Farmer wurden dadurch in den Ruin getrieben.
Die Macht von Agrochemiekonzernen trifft nicht nur US-Farmer mit Riesenflächen, auch die Kleinbauern in der übrigen Welt bekommen diese verhängnisvolle Abhängigkeit mehr und mehr zu spüren. Mit der Überbevölkerung haben die Giganten wie Monsanto, Bayer, Syngenta und Co. einen guten Trumpf in der Hand. Ob die Argumente der Naturschützer – Artenschwund, Monokulturen, Gesundheitsprobleme, Klima usw. – dagegen eine Chance haben, ist fraglich.
Die Königin des Schweizer Weins ist ebenfalls dafür
Auch in der Schweiz wird momentan viel über das Für und Wider von Chemie in der Landwirtschaft geschrieben und diskutiert. Grund dafür ist vor allem die Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide». Wahrscheinlich wird es zur Abstimmung kommen: Von mindestens 100 000 gültigen Unterschriften, die bis Ende Mai benötigt werden, sind heute bereits 80 000 beieinander. Wird die Initiative angenommen, müssen Bauern und Winzer radikal auf jegliche chemisch-synthetischen Pestizide verzichten. Für die Umstellung erhalten sie eine Frist von zehn Jahren. Der Initiativtext geht jedoch noch viel weiter. Er fordert zudem: «Auch die Einfuhr zu gewerblichen Zwecken von Lebensmitteln, die synthetische Pestizide enthalten oder mit Hilfe solcher hergestellt worden sind, ist verboten.»
Die Walliser Star-Winzerin Marie-Thérèse Chappaz, die diesen Februar von Parker für zwei ihrer Süßweine mit 99 Punkten gekrönt wurde, steht voll und ganz hinter dieser Forderung. Ihre 11 Hektar Rebland werden seit 1997 biodynamisch bewirtschaftet. Das habe sie nicht getan, um die Qualität des Weins zu verbessern, sondern der Natur zuliebe, um einen lebendigen Boden zu erhalten. Persönlich glaube sie allerdings, dass die Frist zur Umstellung 15 Jahre betragen sollte.
Weniger begeistert vom Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel ist der Schweizer Bauernverband. Die Produktion werde um 30 Prozent zurückgehen, und die Preise würden um 20 bis 30 Prozent steigen. 2200 Tonnen Pestizide werden laut Verbandspräsident Markus Ritter derzeit auf Schweizer Böden versprüht. Für die Naturschützer sind das 2200 Tonnen zuviel. Sie finden, die Landwirte sollten sich mehr mit der Förderung von Nützlingen beschäftigen, in erster Linie Insekten. Die Konsumenten ihrerseits müssten ebenfalls ihren Beitrag leisten, indem sie bewusster einkaufen und konsumieren. Und bereit sind, mehr für Lebensmittel zu bezahlen. In dieser Hinsicht muss vermutlich noch ziemlich viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.