DER TIGER IM PLANSCHBECKEN

Tiegermücke Insektenschwund? Angesichts der täglichen Schreckensmeldungen über die Tigermücke könnte man daran zweifeln. Das wenige Millimeter große Insekt breitet sich nicht nur in Asien und Lateinamerika rasant aus, es ist auch in Deutschland und in der Schweiz im Vormarsch. Mücken sind ja nicht prinzipiell schlecht, sie haben im Nahrungskreislauf durchaus ihren Platz, aber in diesem Fall überwiegen die negativen Begleiterscheinungen eindeutig.

Urban und anpassungsfähig
Für Tigermücken ist die menschliche Zivilisation ein idealer Brutplatz. Dörfer und Städte bieten ihnen genau jene Biotope, die für die Entwicklung der Larven ideal sind. Laut Wikipedia sind dies «kleine Wasseransammlungen in Astlöchern, Blattachseln von Pflanzen, Bambusstümpfen, Kokosnussschalen oder ähnlichem, in der städtischen Umgebung sind es meist verstopfte Pflanzenuntersetzer, Eimer, Dosen, Flaschen oder Gläser. Besonders attraktiv sind auch im Freien gelagerte Autoreifen.» Bei uns hat sich die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) vor allem im Tessin ausgebreitet, wo sie 2003 erstmals gesichtet wurde. Dank ihrer hochentwickelten Anpassungsfähigkeit überlebt sie nicht nur längere Kälteperioden (im Winter meist in Eiform), sondern auch erstaunlich lange Trockenzeiten. Damit ist sie im Tessin, wo es sehr heiß werden kann, aber auch öfters regnet, in ihrem Element.

Siedlungen bieten den weiblichen Tigermücken zudem den Vorteil, nicht lange nach frischem Blut suchen zu müssen, das sie für die Bildung der Eier benötigt. Die Nahrungsquelle Mensch verrät sich durch ihr natürliches Parfüm, das auf sie besonders anziehend wirkt, wenn es mit Schweiß verstärkt ist. Anders als die meisten Stechmücken greift die Tigermücke auch tagsüber an, und zwar recht aggressiv und schmerzhaft. Und weil die Tigermücke ein relativ großes Quantum Blut braucht (etwa 2 Mikroliter), besucht sie mehrere Wirte. Dadurch wird sie als potentielle Überträgerin von Krankheiten gefährlich. Die falsche BLICK-Meldung, dass sich in der Schweiz über 200 Personen mit Denguefieber angesteckt hätten, sorgte für Aufregung. Glücklicherweise wurde in der Schweiz jedoch noch keine Infektion durch Schweizer Tigermücken nachgewiesen, die erwähnten Patienten hatten sich im Ausland infiziert…

Ein aussichtsloser Kampf?Ticino octobre 2011 024
Im Kanton Tessin hat die Tigermückenarbeitsgruppe (GLZ – Gruppo cantonale di Lavoro Zanzare) den Kampf gegen die Asiatischen Tigermücken aufgenommen. Zum einen wird ihre Verbreitung und Entwicklung beobachtet: Als schlechte Flieger, die maximal 100 Meter zurücklegen, lassen sie sich vor allem als blinde Passagiere in Fahrzeugen transportieren. Fallen, die an den Hauptverkehrsachsen in den Norden aufgestellt werden, sollen sie unter Kontrolle halten. Zum andern wird die Bevölkerung dazu angehalten, sich aktiv an der Bekämpfung zu beteiligen.

Ein Informationsblatt zeigt, was man in und am Haus sowie im Garten tun kann. Keine Behälter herumstehen lassen, in denen sich Regenwasser sammeln kann; Kinderplanschbecken und Topfpflanzenuntersätze einmal pro Woche leeren; Dachrinnen regelmäßig kontrollieren; Regenwassertonnen hermetisch schließen; Autoreifen unter Dach lagern; Löcher und Ritzen in Mauern mit Sand auffüllen… Und wo dies alles nicht möglich ist, rücke man den Larven mit Bti zu Leibe, dem Bacillus thuringiensis israeliensis. Es handelt sich dabei um ein Bakteriengift, das von den Mückenlarven gefressen wird und sie tötet, anderen Tieren jedoch nicht schaden soll. Fragwürdiger ist der Einsatz von Pyrethroiden (diese wirken sehr schnell gegen fast alle Insekten und sind hochgiftig für Fische, Amphibien und Reptilien) oder Pyriproxyfen, ein Pestizid, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Pflanzenschutzmittel nicht zugelassen ist, zur Bekämpfung von Stechmücken jedoch verwendet wird. Noch umstrittener ist die Wiedereinführung von DDT, die vor allem von amerikanischen Gesundheitsexperten befürwortet wird.Tigermücke sprayen

Die Tessiner Fachleute setzen vorläufig auf das Verständnis und die Disziplin der Bürger. Doch um den Verhütungsmaßnahmen Nachdruck zu verleihen, droht man den Einwohnern von Locarno neuerdings mit Bußen von 50 bis 10’000 Franken. Das ist happig! Wird künftig eine Tigermückenpolizei durch die Gemeinde patroullieren, um Säumige zu verzeigen? Denkt man an die zahlreichen Bruchsteinhäuser, die alten Kirchen, Kapellen und Trockenmauern, kommen zudem Zweifel auf, ob das Konzept überhaupt realisierbar ist.

Weitere Infos: www.ti.ch/zanzare/ , www.swissbiotech.org

 

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