Der Haussperling war 2002 der Vogel des Jahres in Deutschland, und 2015 wird ihm diese Ehre auch in der Schweiz zuteil. Das ist ein sicheres Zeichen, dass es mit ihm abwärts geht. Der ehemals nicht allseits beliebte Spatz erhält Seltenheitswert. Daran seien vor allem die fehlenden Nistmöglichkeiten im Siedlungsraum und der Rückgang der Insekten schuld. Die moderne Bauweise mit viel Glas und Beton (Schuhschachtel-Architektur) bietet Vögeln und Fledermäusen kaum mehr Unterschlüpfe. In der Schweiz sollen die Bestände der Haussperlinge in den letzten beiden Jahrzehnten um bis zu 40% zurückgegangen sein.
Füttern verboten!
Außerdem ist es noch gar nicht so lange her, als Vogelwarten bei Wintereinbruch dringend davor warnten, Spatzen zu füttern. Meisen, Rotkehlchen, Hausrotschwanz usw. durften, falls Schnee lag, ans Futterhäuschen, doch der Clochard unter den Vögeln verdiente ihrer Meinung nach diese Zuwendung nicht. Er galt als Konkurrenz der «wertvolleren» Singvögel und war den Ornithologen zu gewöhnlich. Abgesehen davon, dass diese Haltung nicht von großer Tierliebe spricht, erscheint mir die Umsetzung dieser Einteilung in Gut und Böse nicht ganz einfach zu sein. Wikipedia berichtet jedoch auf seiner hervorragenden Seite über den Haussperling von Futterhäuschen, die deutsche Naturschützer in den 1960er Jahren tatsächlich zu diesem Zweck unter den Namen «Spatznit» und «Kontraspatz» anboten! Wie das funktioniert, wird allerdings nicht erklärt…
Inzwischen findet ein Sinneswandel statt. Abgesehen davon, dass der «Dreckspatz» noch immer als unhygienisch und Überträger von diversen Krankheiten gilt, findet man im Internet eine Fülle von Tipps, wie und womit man junge und kranke Spatzen aufpäppeln kann. Zur Rettung der Sperlinge wird empfohlen, Magerwiesen anzusäen und Nistkästen für Höhlenbrüter aufzuhängen.
Kraftnahrung für den Nachwuchs
Die Nestlinge benötigen als Starthilfe möglichst eiweißreiche Nahrung in Form von Raupen und Insekten, die in Städten noch seltener sind als in Gartensiedlungen und bei Bauernhöfen. Später wird es einfacher, da sie vorwiegend vegetarisch von Körnern und mehr oder weniger allem leben, was sie finden und verdaulich ist. Weil sich die unscheinbaren Anpassungskünstler auch in frisch gesäten Äckern und in Hühnerhöfen bedienten, wurden (und werden?) sie nicht selten mit Gift bekämpft. Erstaunlicherweise wird unsere kurzgeschnittene Wiese – Rasen kann man das beim besten Willen nicht nennen – täglich von einem Trupp Spatzen als Weideplatz aufgesucht. Auch eine Elster gesellt sich oft dazu und pickt eifrig nach Samen, nehme ich einmal an, die von der davorliegenden großen Magerwiese stammen. Und alle, nicht nur Truffo, mögen das Hundefutter aus gepufftem Mais.
Ob das Zufüttern den Spatzen längerfristig über die Runden hilft? Haussperlinge brüten bis zu viermal jährlich und ziehen jeweils fünf bis sechs Junge auf. Um die weit aufgerissenen, immer hungrigen Schnäbel mit Insekten zu füttern, müssen sie eine ansehnliche Menge suchen und erbeuten. Eine Illustration dazu ist das Foto eines Sperlings mit drei fetten, grünen Raupen im Schnabel vor dem Eingang zum Nistkasten (zu finden unter Haussperling Bild). Hoffentlich sind andere Spatzeneltern ebenso erfolgreich!