KLIMARETTUNG MIT PARISER CHIC

FahnenIn Paris hat die Klimakonferenz begonnen. Zum Auftakt gab’s auf der Place de la République trotz Demonstrationsverbot heftige Krawalle mit 149 Festnahmen. Weltweit sollen fast 600’000 Menschen auf die Straße gegangen sein, um die Entscheidungsträger daran zu erinnern, dass dringender Handlungsbedarf bestehe.

Wir packen es an!
40’000 Spezialisten und Politiker aus 194 Ländern sollen in die französische Hauptstadt gereist sein, einige sogar mit der Eisenbahn. 115’000 Polizisten und Militärs wurden aufgeboten, für ihre Sicherheit zu sorgen. Das ist gewiss kein Kinderspiel in der gegenwärtigen Situation. Es ist erst drei Wochen her, als hier blutiger Terror und Chaos herrschten. Doch das Leben geht weiter, wenn auch weniger leichtfüßig als vorher.Krawall

Das gemäßigt linke Wochenmagazin «L’Obs» (bis 2014 «Le Nouvel Observateur») widmet seine neuste Nummer hauptsächlich den IS-Attentaten und ihren Hintergründen, vergisst aber den Klimagipfel dennoch nicht ganz. Mit Tipps und Trends für den urbanen Menschen, der die Erderwärmung ungewöhnlich, spielerisch und fröhlich stoppen will. Denn wer sich Mühe gibt, bewusster zu leben, lebt auch glücklicher und gesünder, meint das Blatt. Um den CO2-Ausstoß von 9 Tonnen pro Kopf auf das Traumziel von 2 Tonnen zu reduzieren, müssten die Franzosen ihren Lebensstil ändern. Aber wie? Die meisten Ratschläge unterscheiden sich nicht von jenen, die auch wir befolgen müssten. Öfter zu Fuß gehen oder velofahren, weniger Fleisch, dafür mehr bio und lokal essen und ganz allgemein den Konsum drosseln.

Nachhaltige Gourmets und Mode-Nerds
Einige Tipps sind dennoch ein wenig anders, französischer eben. Zum Beispiel die Insekten-Apéros, zu denen man sich in einem Pariser Kaffeehaus regelmäßig trifft, um die neusten Kreationen zu degustieren. Beim letzten versuchten 150 Personen, wie mit Paprika, Kurkuma und Sesam gewürzte Mehlwürmer und Heuschrecken schmecken. Den Mehlwurm nenne man Molitor, das höre sich appetitlicher an. Das biete Gelegenheit für sympathische Soirées! Auch das urbane Gärtnern, Jardingue genannt, wird zum gesellschaftlichen Anlass, der in Paris jeden zweiten Dienstag im Monat Gleichgesinnte und deren Kinder zusammenführt. Die paar Kartoffeln und Rüebli füllen ja nicht den Frigo, aber es sei «100% made by you».

Was das Reisen betrifft, schlägt «L’Obs» unter anderem vor, klimafreundlich ins nahe Vercors zu reisen und dort im selbstgebauten Iglu zu nächtigen. Oder nach Lappland, wo für 500 Euro eine Trapperhütte ohne Elektrizität, dafür mit einem Holzofen und Regenwasser in der Tonne auf einen wartet. (Die Frage, wie man dorthin gelangt, ohne seinen ökologischen Fußabdruck übermäßig zu vergrößern, wird nicht erörtert…)

Die Mode spielt in Paris immer noch eine wichtige Rolle. Entsprechend bunt ist auch die SzenePlanet der Boutiquen, die destrukturierte Teile verkaufen, das heißt Kleider, die aus gebrauchten Stücken neu zusammengesetzt werden. Auch Secondhand beziehungsweise seconde main liegt im Trend, besonders, wenn große Marken wie Dior, Gucci, Prada oder Céline zu relativ bescheidenen Preisen angeboten werden. Wer nachhaltig konsumieren will, bringt seine getragenen Butler-Jeans in den Laden zurück und kriegt die neue zum halben Preis. Ein Blick ins Internet zeigt: Je zerrissener und schmutziger die Hose,  desto teurer ist sie. «Garantiert nie gewaschen!» gilt als besonderes Gütezeichen. Ausserdem werden Kurse angeboten, wie man seine Garderobe mit Nadel und Faden selbst kreativ erneuern kann. Das gibt es mittlerweilen auch ausserhalb Frankreichs, aber vielleicht nicht ganz so chic und wahrscheinlich nicht in Verbindung mit kulinarischen Genüssen und Weindegustationen. La douce France!