Es ist immer noch so frühlingshaft mild, dass man im T-Shirt spazierengehen kann. Der Winter steht jedoch eindeutig vor der Tür, und wir müssen uns, nicht nur politisch, auf rauhere Zeiten gefasst machen. Winterpneus, Vogelfutter, Strickmützen und Handschuhe stehen auf dem Programm. Und selbstverständlich ein Esslöffel Bienenhonig zum Frühstück, als leckerer Auftakt und Grippeprävention. Doch gibt es überhaupt genug Schweizer Honig? Ein Berner Imker klagte, das Wetter sei diesen Frühling und Sommer so grottenschlecht gewesen, dass er kaum etwas geerntet habe.
Geheimnisvolles Bienensterben
Louis Flückiger (75) imkert ebenfalls im Kanton Bern, genauer: in der nach eigenem Urteil «liebens- und lebenswerten» Gemeinde Rohrbachgraben im Oberaargau. 420 Einwohner, 40 Bauernbetriebe, die vorwiegend Milchwirtschaft betreiben, etwas Kleingewerbe, kein Anschluss an den öffentlichen Verkehr, kein Dorfladen, dafür viel Natur und Ruhe in idyllischer Hügellandschaft. Dass hier ein dramatisches Bienensterben stattfand, mutet geradezu absurd an.
Es begann 2012, als Louis Flückiger zwischen Mai und Mitte Juli 60 Bienenvölker verlor. Die ungefähr 35’000 Bienen verendeten jeweils, sobald die Umgebungstemperatur über 18 Grad Celsius gestiegen war. Dem erfahrenen Imker war das unerklärlich, und er rief Spezialisten zu Hilfe. Doch weder Agroscope Liebefeld noch die Apiservice GmbH oder der Schweizerische Imker-Dachverband konnten ihm Auskunft geben. Besonders enttäuschend fand er, dass er von diesen Stellen nicht einmal Bescheid erhalten habe.
Louis Flückiger gab dennoch nicht auf, kaufte neue Völker und stellte sie an anderen Standorten auf. Das Drama wiederholte sich immer wieder aufs Neue. 2016 bat er die dem Imker-Dachverband angegliederte Fachstelle Bienengesundheitsdienst nochmals um Unterstützung. Diese stellte neben Flückigers Bienenhaus einen eigenen Kasten auf und bestückte sie mit zwei Testvölkern. Drei Tage später waren alle Bienen tot. Für die Fachleute war nun klar, dass hier Gift bzw. Pflanzenschutzmittel im Spiel sein müssten. Man habe Rückstände in der Umgebung gefunden, es könne sich jedoch auch um eine heimtückische Vernichtungsaktion handeln. Und man riet ihm, umgehend Anzeige zu erstatten.
Die andere Spur
Louis Flückiger verzichtete darauf, einen möglichen Täter ausfindig zu machen. Er glaubte auch nicht, dass Pflanzenschutzmittel oder Insektizide der Grund für das Bienensterben seien, da es in seiner Umgebung sozusagen nur Viehweiden gebe.
Schließlich lernte er den Imker und ehemaligen Bienenzuchtberater Kurt Härry aus Wabern kennen. Dieser hatte sich schon seit längerem mit der Auswirkungen des sogenannten Elektrosmogs beschäftigt. Hieb- und stichfest beweisen können die beiden nicht, dass Strahlungen die Ursache für das jahrelange Verenden ihrer Schützlinge sind. Doch seit Flückigers Bienen in mit Kupfer und Aluminium ausgekleideten, vor Strahlungen abgeschirmten Kästen hausen, geht es ihnen jedenfalls auch bei Außentemperaturen von über 18 Grad bestens.
Härry und Flückiger sind nicht die ersten, die sich in ihrem Kanton für den Einfluss von Strahlungen auf Bienen interessieren. Als Reaktion auf ein massives Bienensterben anno 2007 stellte Peter Loepfe 2008 gemeinsam mit drei Imkerkollegen in Großhöchstetten in der Nähe einer Mobilfunkantenne versuchsweise Kästen mit zwölf gesunden Völkern aus verschiedenen Zuchten auf. Die Hälfte der Bienen habe sich verirrt und sei nicht mehr in den Stock zurückgekehrt. Das behäbige 3550-Seelen-Dorf Großhöchstetten liegt nach Beschreibung der Gemeinde «in intakter Landschaft» auf rund 800 m Höhe. (Quelle: Berner Zeitung vom 14.10.2016 und vom 16.9.2008.)
Die Testergebnisse der Berner Imker werden zwar von wissenschaftlicher Seite angezweifelt, sie erhalten jedoch geistige Schützenhilfe durch den Biowissenschaftler Dr. Ulrich Warnke (Uni Saarbrücken) mit seinem 2008 erstmals erschienen Buch «Bienen, Vögel und Menschen: die Zerstörung der Natur durch ‚Elektrosmog’». Er behauptet unter anderem, dass Bienen durch die Strahlungen des Mobil- und Kommunikationsfunks unruhig, aggressiv und desorientiert würden. Die Temperatur im Volk erhöhe sich (!), die Kommunikation und die Magnetfeldorientierung seien gestört…
PS: Welche Erfahrungen machen diesbezüglich Imkerinnen und Imker in Berlin, Paris, London oder Zürich?